Die Liebe lässt sich nichts befehlen
Der Zeitgeist ist eine fabelhafte Triebfeder für jede Filmhandlung, zumal ein kritisches Drehbuch sich auf eine klar umrissene Spanne von Ereignissen fokussieren kann. Hier sind es der KoreaKrieg und die hetzerische McCarthy-Ära, die Philip Roths Roman „Empörung“(2008) beispielhaft pointiert festzurrt. Das Schicksal des 19-jährigen Marcus, der sich seinem herrischen Vater in Newark (New Jersey) entzieht, indem er sein Jusstudium in Ohio fortsetzt, bestimmt den Gegensatz zwischen dem nonkonformen Verhalten des Studenten und – nun ja – dem Zeitgeist der 1950er-Jahre in den USA. Freilich gerät der junge Mann vom Regen in die Traufe: Obwohl er nirgendwo anecken will, wird der Dekan auf ihn aufmerksam, als er aus dem Wohnheim des Colleges auszieht. Die individuelle Freiheit will der Leiter der Hochschule einem Studenten nicht zubilligen. Konformismus ist das Gebot – und der jüdische Student muss sogar 40 Mal im Jahr den Gottesdienst besuchen, damit seine Seminarscheine bewilligt werden. Was Marcus Mut und Kraft gibt, ist die Begegnung mit der erotischen Olivia. Diese zarte Liebesgeschichte trotzt den Konventionen und löst die titelgebende Empörung aus. Freilich mündet alles in eine umfassende Scheinheiligkeit, gepaart mit der brutalen Durchsetzung des totalitären Machtanspruchs des Establishments samt sozialem Zwang zu Frömmigkeit. Bezeichnend, dass Olivia USGründervater Benjamin Franklin zitiert: „Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über die nächste Mahlzeit abstimmen.“ Fazit: Multitalent James Schamus gelingt ein Regie-Drama, das auch wegen der schockierenden Schlussszenen in Erinnerung bleibt.