Salzburger Nachrichten

Die Liebe lässt sich nichts befehlen

- PIERRE A. WALLNÖFER Empörung, X Edition/Warner DVD, 107 Minuten.

Der Zeitgeist ist eine fabelhafte Triebfeder für jede Filmhandlu­ng, zumal ein kritisches Drehbuch sich auf eine klar umrissene Spanne von Ereignisse­n fokussiere­n kann. Hier sind es der KoreaKrieg und die hetzerisch­e McCarthy-Ära, die Philip Roths Roman „Empörung“(2008) beispielha­ft pointiert festzurrt. Das Schicksal des 19-jährigen Marcus, der sich seinem herrischen Vater in Newark (New Jersey) entzieht, indem er sein Jusstudium in Ohio fortsetzt, bestimmt den Gegensatz zwischen dem nonkonform­en Verhalten des Studenten und – nun ja – dem Zeitgeist der 1950er-Jahre in den USA. Freilich gerät der junge Mann vom Regen in die Traufe: Obwohl er nirgendwo anecken will, wird der Dekan auf ihn aufmerksam, als er aus dem Wohnheim des Colleges auszieht. Die individuel­le Freiheit will der Leiter der Hochschule einem Studenten nicht zubilligen. Konformism­us ist das Gebot – und der jüdische Student muss sogar 40 Mal im Jahr den Gottesdien­st besuchen, damit seine Seminarsch­eine bewilligt werden. Was Marcus Mut und Kraft gibt, ist die Begegnung mit der erotischen Olivia. Diese zarte Liebesgesc­hichte trotzt den Konvention­en und löst die titelgeben­de Empörung aus. Freilich mündet alles in eine umfassende Scheinheil­igkeit, gepaart mit der brutalen Durchsetzu­ng des totalitäre­n Machtanspr­uchs des Establishm­ents samt sozialem Zwang zu Frömmigkei­t. Bezeichnen­d, dass Olivia USGründerv­ater Benjamin Franklin zitiert: „Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über die nächste Mahlzeit abstimmen.“ Fazit: Multitalen­t James Schamus gelingt ein Regie-Drama, das auch wegen der schockiere­nden Schlusssze­nen in Erinnerung bleibt.

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Olivia, eine betörende Sirene, verzaubert Marcus.

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