Heiraten macht glücklich
Wenn eine Beziehung gut ist, hat auch die Ehe beste Chancen. Das Eheversprechen kann ein zusätzliches festes Band zwischen den Partnern sein.
Heiraten macht glücklich? In Österreich lassen sich 47 Prozent der Verheirateten innerhalb von zehn Jahren wieder scheiden. Angestiegen sind die Zahlen derjenigen, die sich nach 25 Ehejahren wieder trennen. Die Scheidungszahlen und die Anzahl jener Frauen und Männer, die es vorziehen, trotz Partnerschaft in getrennten Haushalten zu leben oder zumindest ohne Trauschein zu bleiben, sagen also etwas anderes. Oder doch nicht?
Wolfgang Krüger, seit 30 Jahren Paartherapeut in Berlin, hat seinen Erfahrungsschatz ausgewertet und sagt, dass mehr verheiratete Paare angeben, glücklich zu sein, als unverheiratete. Er selbst hat im vergangenen Sommer mit 69 Jahren zum ersten Mal geheiratet. Er kennt also Pro und Kontra. SN: Die Scheidungszahlen sprechen vielleicht mehr für die Skeptiker? Wolfgang Krüger: Ich war früher auch davon überzeugt, dass Heirat einer Partnerschaft nicht guttut, weil man dann aufhört, sich umeinander zu bemühen. Doch das war wohl vor 40 Jahren so, als man mit der Ehe das Ende von Leidenschaft und Erotik kommen sah und viele Ehen auch in unseren Breiten noch aus wirtschaftlichen Gründen, um der Kinder willen oder unter gesellschaftlichem und familiärem Druck geschlossen wurden. Das hat sich gründlich geändert. Wer heute heiratet, hat meist schon drei Jahre lang zusammengelebt, ist finanziell unabhängig, hat einen eigenen Freundeskreis. Heiraten ist heute eine freie Entscheidung. Ich habe festgestellt, dass vor allem Menschen heiraten, die vorher schon in der Beziehung miteinander glücklich waren und gut mit dem jeweils anderen umgehen konnten. Das Heiraten kann eine Beziehung verbessern, aber auch verschlechtern. SN: Was ist das Gute an der Heirat? Man ist entschlossen, Schwierigkeiten gemeinsam zu meistern und Krisen zu bewältigen. Heirat schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit. Wie gut eine Ehe ist, liegt wie gesagt daran, wie gut die Partnerschaft vorher war. Meine Frau und ich haben vor unserem Entschluss festgestellt, dass unsere Beziehung immer noch besser wurde. SN: Was sollte in der Partnerschaft vorher stimmen, damit die Ehe Bestand haben kann? Es sollte Zeiten großer Nähe geben und Zeiten, in denen jeder sein Eigenleben führen kann und in denen man getrennt etwas unternimmt. Dann bringt auch jeder immer wieder etwas Neues in die Partnerschaft ein. Man sollte ein Gespür dafür entwickeln, wo man den Partner lassen muss, wie er ist, wo man eine Änderung versuchen kann und wo man Humor braucht, um es auszuhalten, oder wo man sich selbst ändern sollte. Man merkt ja meist schnell, welche Eigenschaften man ansprechen kann und wo der Fels ist, an dem man sich den Kopf anhaut. Bei uns funktioniert es auch deshalb so gut, weil wir genau die Wünsche des anderen kennen und uns dann im Kleinen und Großen bemühen können, dem nachzukommen. Wir schauen, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben, Vorhaben und Anliegen, bei denen wir das Gefühl bekommen, wir ziehen am gleichen Strang. SN: Was deutet darauf hin, dass die Ehe scheitert? Es gibt ein paar Dinge, die eine Beziehung zerstören: Das ist regelmäßige massive Unzufriedenheit, Machtprobleme, wenn man den anderen grundlegend ändern will, wenn man lange Zeit ohne Erotik lebt. Wenn man Probleme nicht in einer Stimmung von entspannter Freundlichkeit lösen kann. Wenn die Beziehung von Misstrauen und von Angst besetzt ist. Wenn Lebensstile vollkommen unterschiedlich sind.
Bei Menschen, die in Beziehungen rasch das Gefühl von Enge bekommen, stellt sich die Frage nach einer Ehe meist ohnehin nicht. SN: Was ändert sich nach dem Hochzeitstag? Man hat das Gefühl von großer Zusammengehörigkeit. Es ist das Zukunftsversprechen, dass man einander nicht im Stich lässt, auch wenn einer der Partner krank wird oder eine Krise hat. Die Ehe ist ein starkes Zeichen nach innen und außen. Bei uns ist die Beziehung noch einmal vertrauter und inniger geworden. Bei uns kommt aber auch der Altersbonus zum Tragen: Mit zunehmendem Alter wachsen ja der Humor und die Lebensweisheit, man wird stärker und geduldiger mit sich selbst und anderen. Man hat auch vielleicht schon gelernt, dass es den perfekten Mann und die perfekte Frau nicht gibt.
Wer jetzt heiratet, tut dies mit fröhlichem Herzen.