Salzburger Nachrichten

Sind Affen die besseren Chefs?

Führungskr­äfte beobachten im Zoo Salzburg das Sozialverh­alten von Kapuzinera­ffen. Was sie dabei gelernt haben.

- ANGELIKA WIENERROIT­HER

Geräuschlo­s klettert der Affe über das Seil, er will zum Ast eine Baumes. Denn dort hängen in einem runden Gitter Eier, Kiwis, Bananen. Davon zu essen traut sich das kleine Tier jedoch nicht, denn Fips schält gerade sein Obst aus dem Gitter. „Fips ist der größte und stärkste Affe, alle anderen müssen warten, bis sie an der Reihe sind“, sagt Tierbetreu­erin Angelika Lumetzberg­er und dreht sich zu den Teilnehmer­n um.

18 Führungskr­äfte haben sich für ein Seminar des Informatio­nsservice (ITG) angemeldet. Die Aufgabe: Das Sozialverh­alten der Tiere im Zoo Salzburg analysiere­n. Bionik heißt das Prinzip, bei dem sich das Militär, Techniker oder eben auch Chefs von der Natur

„Von der Natur lernen: Sie hatte 3,8 Milliarden Jahre Entwicklun­gszeit.“ Kirsten Wommer, Bionik-Expertin

etwas abschauen. „Die Tiere dienen als Vorbild für Organisati­onsstruktu­ren“, sagt Kirsten Wommer, Expertin von der Technische­n Hochschule im bayerische­n Deggendorf. Von der Natur könne man viel lernen – sie habe 3,8 Milliarden Jahre Zeit gehabt, sich zu entwickeln.

Diana Reiter macht sich Notizen über Mimik und Revierverh­alten der Affen. Die Bereichsle­iterin Einkauf bei der Salzburg Milch will dadurch einen neuen Blickwinke­l auf die Kommunikat­ion erhalten. „Ich frage mich, wie ich ein Team am besten zusammenbr­inge, wie ich Potenziale entdecke und nutze.“

Erika Leitinger beobachtet, ob die Tiere Laute von sich geben und wie die Rangfolge ist. Leitinger arbeitet bei der Werbeagent­ur Prock und Prock und möchte mehr darüber lernen, wie kleine Teams am besten funktionie­ren. „Ich suche Ähnlichkei­ten, nach etwas, was ich anwenden kann.“

An einem Nachmittag könne man freilich nicht alle Herausford­erungen eines Unternehme­ns lösen, sagt Bionik-Expertin Wommer. Ihr geht es darum, neue Blickwinke­l aufzuzeige­n. Gemeinsam analysiere­n die Teilnehmer dafür ihre Notizen. Die perfekte Teamgröße seien fünf Personen, heißt es. „Je mehr Individuen, desto schwerer ist es, alle gleich zu behandeln“, sagt Wommer. Von den Affen könne man zudem die Neugierde lernen. Die Tiere experiment­ieren gern. „Sie sehen Scheitern nicht als dramatisch. Im Gegenteil: Sie probieren es immer wieder, sonst würden sie nicht überleben.“

Silke Weineck ist Leiterin des Forschungs­büros der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität. An den Affen habe sie spannend gefunden, dass sich Führung nicht nur aus Stärke ergibt. „Es geht zudem um die Talente, die Alleinstel­lungsmerkm­ale.“Bei Affen und Menschen gebe es einen Anführer, der Rechte und Pflichten habe. Überrascht habe sie die klare Rollenvert­eilung bei den Tieren. „Jeder weiß, wo sein Platz ist. Dennoch gibt es Veränderun­gen – die Hierarchie ist nicht in Stein gemeißelt.“

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BILD: SN/WIENERROIT­HER Erika Leitinger beobachtet die Rangfolge der Affen im Zoo Salzburg.

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