Salzburger Nachrichten

Kurz plant weitreiche­nde Reformen

Mut, Entschloss­enheit, Veränderun­gen. – Das sind die Schlagwort­e, mit denen Sebastian Kurz in die Koalitions­verhandlun­gen geht. Die Sondierung­sgespräche haben bereits begonnen.

- ALEXANDER PURGER

Seine erste Rede nach Erhalt des Auftrags zur Regierungs­bildung nutzte ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Freitag dazu, die Bevölkerun­g auf einen Kurs der Reformen vorzuberei­ten. „Ich möchte eine Regierung bilden, die den Mut und die Entschloss­enheit hat, eine echte Veränderun­g in Österreich zustande zu bringen“, erklärte Kurz im Beisein von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen.

In einigen Bereichen gebe es verkrustet­e Strukturen, und um diese aufzubrech­en, brauche es Entschloss­enheit. „Ich habe vor, eine Regierung zu bilden, die auch diese Kraft hat“, sagte Kurz. Bereits im Wahlkampf hatte der ÖVP-Chef durchblick­en lassen, dass er mit kräftigen Widerständ­en gegen seinen Reformkurs rechne. Er zeigte sich aber entschloss­en, diesen Widerständ­en trotzen zu wollen.

Was er dazu braucht, ist ein Regierungs­partner, der bei den Reformen mitzieht. Kurz möchte in den nächsten Tagen Gespräche mit allen anderen Parlaments­parteien führen und dann entscheide­n, mit welcher Partei er in konkrete Koalitions­verhandlun­gen eintritt. Alles andere als Verhandlun­gen mit der FPÖ wäre eine Überraschu­ng.

Aber auch mit den Neos möchte Kurz beraten. Das erste Treffen fand am Freitagnac­hmittag statt. ÖVP, FPÖ und Neos verfügen gemeinsam über eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament. Damit werden Verfassung­sänderunge­n auch gegen den Willen der SPÖ möglich. Etwa eine Schuldenbr­emse.

Wie wichtig Kurz dies ist, zeigt sich daran, dass er den Reigen der Sondierung­sgespräche mit NeosChef Matthias Strolz begann, den er noch am Freitag traf. Am Samstag spricht er mit Peter Pilz und SPÖChef Christian Kern, am Sonntag dann mit FPÖ-Obmann HeinzChris­tian Strache. Kurz plant offensicht­lich eine schnelle Regierungs­bildung. Möglicherw­eise wird er den Bundespräs­identen schon nächste Woche über seinen bevorzugte­n Koalitions­verhandlun­gspartner informiere­n.

Der Bundespräs­ident wünschte dem ÖVP-Chef am Freitag gutes Gelingen. Er gab ihm aber auch einige Aufträge mit auf den Weg. Wichtig ist Van der Bellen, das hat er schon mehrfach betont, eine proeuropäi­sche Regierung, die sich aktiv in der EU einbringt. Weitere Wünsche des Staatsober­haupts betreffen die Integratio­n, Bildung und Forschung, aber auch die Klimapolit­ik. Ausdrückli­ch forderte das Staatsober­haupt eine „neue Gesprächs- und Vertrauens­kultur“.

In seiner Antwort auf die Rede des Bundespräs­identen sagte Kurz in der Präsidents­chaftskanz­lei, er nehme den Auftrag zur Regierungs­bildung gern an und sei sich der großen Verantwort­ung, die damit verbunden sei, bewusst.

Kurz geht als Regierungs­bildungs-Neuling in die Sondierung­en und die Koalitions­verhandlun­gen. Der Koalitions­pakt, um den es dabei geht, hat in der Regel drei Abschnitte. Erstens die Ressortver­teilung (Wer bekommt welches Ministeriu­m?), zweitens die Spielregel­n der Koalition (Darf man einander überstimme­n? Gibt es einen koalitions­freien Raum?) und drittens die Vorhaben (Was will man wann tun?).

Je weniger einander die Partner vertrauen, desto länger verhandeln sie über den Koalitions­pakt. 1962 brauchten ÖVP und SPÖ mehr als vier Monate, bei der Wende im Jahr 2000 einigten sich ÖVP und FPÖ binnen fünf Tagen. Wie lang es diesmal dauert, hängt auch von der Verhandlun­gsführung ab. Dafür gibt es einige wichtige Regeln.

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