Nur Neuwahlen können Katalonien aus der Sackgasse steuern
Katalonien steht, nach Monaten des separatistischen Konfrontationskurses, vor einem politischen Scherbenhaufen.
Nun wird die Gesetzeskeule aus der Schublade geholt: Madrid leitete die Entmachtung der katalanischen Separatistenregierung in Barcelona ein. Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Selbstverwaltung der spanischen Region. Aber offenbar ist es das einzige Mittel, mit dem die spanische Regierung hofft, den einseitigen und damit illegalen Unabhängigkeitsplan der katalanischen Führung stoppen zu können.
Dass es so weit kommen musste, ist traurig. Kein Demokrat kann über eine solche Intervention in die Autonomie einer Region glücklich sein. Aber welche Alternativen gab es angesichts der massiven Gesetzesbrüche der Regierung in Barcelona? Kann eine Staatsregierung, welche den Auftrag hat, das Allgemeinwohl, die Demokratie und den Rechtsstaat zu schützen, den organisierten Ungehorsam einer rebellischen Regionalregierung tolerieren?
Kataloniens Gesellschaft ist tief gespalten. Der soziale Bruch geht durch Freundeskreise, Familien, Dörfer und Städte. Der Graben zwischen dem antispanischen und dem prospanischen Lager ist so tief geworden, dass auch eine gewaltsame Konfrontation nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
Und auch sonst ist Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont dabei, alles zu verspielen. Und zwar nicht nur seinen Job, sondern auch die Zukunft seiner kreativen und wirtschaftsstarken Region. Mehr als 1000 katalanische Unternehmen, darunter die wichtigsten der Region, haben zuletzt ihren Firmensitz in stabilere spanische Regionen verlegt. Der wirtschaftliche Aderlass hat gerade erst begonnen.
Dass nun ausgerechnet Kataloniens Separatisten, nach Madrids angekündigtem Eingreifen in der Region, von einem „unrechtmäßigen Angriff auf die Demokratie“sprechen, zeigt nur, wie weit sie sich von der Realität entfernt haben. Auch mit einem „Staatsstreich“, wie behauptet wird, hat dies nichts zu tun. Das Vorgehen der spanischen Regierung ist durch den Artikel 155 der nationalen Verfassung gedeckt. Ein Paragraf, der in ähnlicher Form in vielen Konstitutionen europäischer Länder steht, zum Beispiel auch im deutschen Grundgesetz.
Noch bleiben Puigdemont vor der endgültigen Entmachtung einige Tage Zeit, um freiwillig die Notbremse zu ziehen. Er könnte Neuwahlen ausrufen, was nach Meinung vieler Katalanen ein vernünftiger Ausweg aus der Sackgasse wäre. Andernfalls sind Puigdemonts Tage als Kataloniens Premier gezählt; ihm droht eine Anklage wegen Anzettelns einer Rebellion.