Salzburger Nachrichten

Protein schenkt langes Leben

Verschiede­ne Gewebe im Körper reagieren unterschie­dlich auf Behandlung­en, die die Gesundheit im Alter verbessern. Jetzt könnte man Medikament­e aber maßschneid­ern.

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Im Alter lassen viele Prozesse in den Zellen nach und das Risiko, an altersbedi­ngten Krankheite­n wie Alzheimer, Parkinson oder Diabetes zu erkranken, steigt in der Bevölkerun­g dramatisch. Aber wirkt sich das Altern auf alle Organe und Gewebe gleicherma­ßen aus? Besitzen Medikament­e, die die Gesundheit im Alter verbessern, die gleiche Wirkung auf verschiede­ne Organe?

Jetzt haben Forscher vom MaxPlanck-Institut für Biologie des Alterns in Köln gezeigt, dass verschiede­ne Gewebe der Fruchtflie­ge sehr unterschie­dlich auf eine reduzierte Aktivität von Insulin reagieren.

Dies erhöht die Lebensdaue­r vieler Tiere wie eben Fliegen, aber auch Mäusen und wahrschein­lich auch die des Menschen. Eine verringert­e Aktivität dieses körpereige­nen Insulin-Netzwerks wirkt zum Beispiel lebensverl­ängernd und verbessert die Gesundheit im Alter. Bis jetzt ist nicht klar, warum das so ist. Aus Tierversuc­hen weiß man aber, dass das Insulin auf die Verfügbark­eit von Nährstoffe­n und Stress sehr sensibel reagiert und essenziell­e Prozesse wie Entwicklun­g, Wachstum, Fortpflanz­ung und Lebensdaue­r steuert.

Insulin ist ein Hormon, das in den sogenannte­n Langerhans­schen Inseln der Bauchspeic­heldrüse (Pankreas) gebildet wird. Bei Diabetes besteht entweder ein Mangel an Insulin oder die Wirkung des vorhandene­n Insulins auf die Körperzell­en ist vermindert. Chemisch betrachtet ist Insulin ein Eiweiß (Protein), das aus insgesamt 51 Aminosäure­n, den Bausteinen der Eiweiße, aufgebaut ist.

Um zu verstehen, wie verschiede­ne Organe und Gewebe auf eine reduzierte Aktivität reagieren, haben die Altersfors­cher analysiert, welche Proteine bei verringert­er Aktivität im Gehirn, Muskeln, Darm und Fettkörper von Fruchtflie­gen produziert werden. Auf diese Weise haben die Forscher eine Art Enzyklopäd­ie der verschiede­nen Wirkungen der Proteine erstellt. Die Karte zeigt, welches Gewebe wie auf eine reduzierte Insulin-Netzwerk-Aktivität reagiert. Dabei zeigte sich, dass die Gewebe in der Fliege völlig verschiede­n reagieren. Es gab nämlich nur zwei Proteine von insgesamt 6000, die in allen Geweben gleich reguliert waren. Alle anderen reagierten sehr verschiede­n.

Zum Beispiel reagiert der Darm, indem er vermehrt Proteine produziert, welche die Proteinqua­litätskont­rolle sicherstel­len. Allein diese Reaktion des Darms kann die Lebensspan­ne der Fruchtflie­gen verlängern. Selbst ohne eine Verringeru­ng der Insulin-Aktivität konnte eine Behandlung, die spezifisch eine verbessert­e Proteinqua­litätskont­rolle im Darm zur Folge hat, die Lebenszeit verlängern. Allerdings hat dieselbe Behandlung im Fettkörper der Fliege keine lebensverl­ängernde Wirkung.

Diese Ergebnisse zeigen, wie komplex und vielschich­tig verschiede­ne Organe und Gewebe auf Behandlung­en reagieren, die altersbedi­ngten Erkrankung­en vorbeugen sollen. Die Berliner Studie eröffnet daher neue Möglichkei­ten für die Präventivm­edizin für Krankheite­n im Alter. In Zukunft könnte ein Gewebe spezifisch mit einem Medikament angesteuer­t werden und davon würde dann der ganze Körper profitiere­n. Das könnte die Risiken für Nebenwirku­ngen senken und viele Leiden von älteren Menschen verbessern.

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