Der gute Geist vom Gaisberg
Vor 40 Jahren übernahmen Anna und Franz Rihar das Gasthaus Mitteregg. Sie ertüftelten dort oben nicht nur Rezepte für Kasnocken – sie entdeckten auch eines für die ewige Liebe.
SALZBURG. Franz Rihar sitzt mit seiner Frau Anna am Stammtisch. Ein bisserl wirken die beiden wie ein Hochzeitspaar. Das liegt nicht nur an ihrem liebevollen Umgang miteinander, sondern vor allem an den vielen Gratulanten, die bei ihnen vorbeischauen.
Am 26. Oktober 1977 haben die beiden hier oben das Ruder übernommen. Das Gasthaus Mitteregg ist ein Lokal mit einer bewegten Geschichte. Es befindet sich weit oben auf dem Gaisberg und doch ein wenig abseits von den Laufwegen der Ausflügler. Wer dennoch kurz vor dem Gipfel die Abzweigung nimmt, der wird reichlich belohnt: Mit Kasnocken und meditativer Ruhe. Mit letzterer war es am Sonntag ausnahmsweise vorbei. Hunderte Besucher strömten herbei, um mit den Rihars zu feiern. Dazu ließen es die Prangerstutzenschützen aus Aigen kräftig krachen. „Und ich dachte, wir wären hier weg vom Schuss“, sagt Franz achselzuckend. Franz ist ein begnadeter Wirt und Erzähler. Und wenn er von der Geschichte seines Hauses erzählt, dann geht ihm das Herz auf. „Begonnen hat hier alles mit einer Kantine für die Straßenarbeiter. Das war 1928.“Hier oben ist immer noch alles Arbeit und Handwerk. Zwei seiner Enkel wieseln mit Tabletts vorbei. „Schau. Das waren die Sandra und die Agnes“, sagt Franz. Da wird klar: Die Erfolgsgeschichte vom Gasthaus Mitteregg ist in erster Linie eine Familiengeschichte. Schon der Großvater von Franz hieß Franz. Sein Vater natürlich auch. Und seine beiden Buben? „Die heißen Stephan und Wolfgang.“Wieso? „Ganz ein- fach: Weil mein Vater immer missverständlich meine privaten Briefe geöffnet hat. Das wollte ich meinen Buben nicht zumuten“, erklärt er. Die beiden Töchter von Anna und Franz heißen Michaela und Adelheid. Michaela führt mit ihrem Bruder Stephan den Betrieb weiter – was eine Riesenfreude für Anna und Franz ist.
Am Erfolgsrezept des Ausflugsgasthofs halten die Jungen natürlich fest: Das sind die Kasnocken, die hier oben tatsächlich noch ein bisserl besser schmecken als anderswo. Den Unterschied macht nicht das Rezept aus, sondern eine raffinierte Idee von Anna. Sie beauftragte 1979 den benachbarten Schlosser mit der Produktion spezieller Gestelle. Auf den ersten Blick sehen die aus wie Weinheber. In diese Gestelle kann man nicht nur die Pfannen sondern auch die Salate „einhängen“. Und das ist nicht nur ein schöner Show-Effekt: Unter der Pfanne lodert das Feuer einer Brennpaste, sodass die unterschiedlichen Köstlichkeiten während des Essens nicht kalt werden. Sie haben richtig gelesen: Im Gasthaus Mitteregg gibt es mehrere Varianten: Und zwar Klassisch, mit Speck und Knoblauch, mit Pinzgauer Bierkas und sogar scharf mit Chili.
„An guten Wochenenden brauchen wir 100 Kilogramm Mehl für unsere Spätzle“, sagt Anna. Franz nickt stolz. Dann wird er von den Prangerstutzenschützen gerufen. Er sollte längst das Bierfass angeschlagen haben. Bevor er geht, hat er noch ein Rezept für uns. Und zwar jenes, wie man ewig verliebt bleibt: „Das ist wie bei unseren Kasnocken“, sagt er. „Es muss immer von unten ein bisserl ein Feuer lodern.“