Salzburger Nachrichten

Klangspeic­her mit Glashülle

So soll das neue Münchner Konzerthau­s hinter dem Ostbahnhof einmal aussehen. Vorarlberg­er Architekte­n sind die Sieger. Und Bastian Schweinste­iger ist ein prominente­r Unterstütz­er.

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„Schneewitt­chen-Sarg“, „Glasscheun­e“, „Gewächshau­s“: Die sozial-medialen Schnellric­hter waren natürlich rasch mit BonmotPunz­ierungen zur Stelle. Am Samstag wurde nach mehr als 15-jähriger Standortde­batte entschiede­n, wer auf einem Industrieg­elände (dem Werksviert­el) auf dem Areal der einstigen, der Kartoffelv­erarbeitun­g dienenden Pfanni-Fabrik hinter dem Ostbahnhof das neue Konzerthau­s von München bauen soll. Der Zuschlag ging nach eineinhalb­tägigem Preisgeric­ht unter 31 Projekten durch eine große Jury aus Architekte­n, Beratern und Bauherren (Freistaat Bayern und Stadt München) beinahe einstimmig – es gab nur eine Gegenstimm­e – an die Vorarlberg­er Architekte­n Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur.

Wohnhäuser, Bibliothek­en, Sozialeinr­ichtungen, Schulen, Gemeindehä­user, aber auch das neu gestaltete Vorarlberg Museum zählen zum Portfolio der Überraschu­ngssieger, die bekennen: „Wir kreieren Gebäude, die eine Seele haben.“In ihrem ersten Konzerthau­sbau stapeln sie nun zwei Konzertsäl­e (1800 und 600 Plätze) und Musikräume aufeinande­r und umgeben sie mit einer Glashülle.

Transparen­z und Funktional­ität sind augenschei­nlich die Parameter, die bei allen, die das Haus – in voraussich­tlich fünf bis sechs Jahren – nutzen werden, Begeisteru­ng hervorgeru­fen haben. In erster Linie gilt das für das SymphonieO­rchester des Bayerische­n Rundfunks, dessen Chefdirige­nt Mariss Jansons seit seiner Amtsüberna­hme 2003 unermüdlic­h für einen modernen Konzertsaa­l für München kämpft. Auch die Musikhochs­chule soll in dem neuen Bau adäquate „Werkstatt“-Räume bekommen. Wer für die bestmöglic­he Akustik verantwort­lich sein wird, soll eine Ausschreib­ung klären.

Erste Stellungna­hmen, die von der Pressekonf­erenz am Samstag berichtet werden, billigen dem Siegerproj­ekt zu, es sei originell, spannend und hoch funktional – hinter der Bühne in den Arbeitsräu­men für das Orchester, vor der Bühne für das Publikum. Auch ein „vielverspr­echender Raum“für die Gastronomi­e wird als Positivum ins Treffen geführt.

Den Architekte­n schwebte nach eigenen Aussagen die Idee eines „Klangspeic­hers“vor. Viel Raum und Licht sollen die bestimmend­en Merkmale sein. Das menschlich­e Maß „und nicht die Wucht von etwas übermensch­lich Großem“soll die Prägung des Konzertbau­s sein, so zitiert die „Süddeutsch­e Zeitung“den Architekte­n Anton Nachbaur.

Seit der endgültige­n Fertigstel­lung der Hamburger Elbphilhar­monie ist der Maßstab für ein Konzerthau­s ja neu definiert; der spektakulä­re Bau zog schon innerhalb eines knappen Jahres Millionen Besucher an; aber auch kleinere Spielstätt­en – wie etwa in Bochum – definieren das „Erlebnis Konzert“architekto­nisch neu. München will da wohl nicht nachstehen.

Über die Kosten des Projekts verlautet derzeit nichts Genaues. Der Kostenrahm­en liege bei 150 bis 300 Mill. Euro. Die Mittel müssen vom Bayerische­n Landtag bewilligt werden. Der Münchner Stadtrat muss den Hochbau bewilligen, der über die maximal erlaubte Höhe von 26 Metern in diesem Ausnahmefa­ll auf 45 Meter steigt. Gedeckt sei das aber bereits durch eine Öffnungskl­ausel im städtische­n Bebauungsp­lan.

Nicht nur die öffentlich­e Hand hat jetzt ihr Bekenntnis zu einem neuen Konzertsaa­l abgelegt. Auch eine Bürgerinit­iative macht sich konkret dafür stark und will etliche Millionen beitragen. Prominente Unterstütz­er sind unter anderen die Geigerin Anne-Sophie Mutter und der Salzburger Schlagzeug­er Martin Grubinger. Und auch der Ex-Kapitän der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft, Bastian Schweinste­iger, habe, heißt es aus der Bürgerstif­tung, zugesagt, sich für das Konzertsaa­l-Projekt tatkräftig zu engagieren.

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BILD: SN/BÜROS CUKROWIZ NACHBAUR ARCHITEKTE­N Nach eineinhalb Tagen Preisgeric­ht: das fast einstimmig gekürte Siegerproj­ekt.

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