Salzburger Nachrichten

Dreikampf um die US-Notenbank

US-Präsident Donald Trump will demnächst über die Nachfolge von Notenbankp­räsidentin Janet Yellen entscheide­n. Es gibt drei aussichtsr­eiche Kandidaten und sogar eine kleine Chance, dass Trump Yellen im Amt belässt.

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Im Februar 2018 läuft die Amtszeit der von Donald Trumps Vorgänger Barack Obama bestellten Präsidenti­n der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, aus. Fünf Namen stehen auf Trumps Kandidaten­liste, darunter sein umstritten­er Wirtschaft­sberater Gary Cohn. Tatsächlic­h dürfte sich das Rennen diese Woche zwischen einer Frau und zwei Männern entscheide­n: Fed-Chefin Janet Yellen, Fed-Gouverneur Jay Powell und StanfordÖk­onom John Taylor.

Die Attacke gegen die internatio­nal geachtete Notenbankc­hefin kam unvermitte­lt und heftig: Yellen „sollte sich schämen“, schimpfte der Präsidents­chaftskand­idat der Republikan­er im September 2016. Nach Donald Trumps Meinung verfolgte die Fed ihre konjunktur­fördernde Niedrigzin­spolitik nur aus einem einzigen Grund: um seinem Lieblingsf­eind Barack Obama zu helfen. Yellen reagierte auf den Anwurf souverän, wie man es seit ihrem Amtsantrit­t 2014 gewohnt ist. Die Fed sei unabhängig, erklärte die Frau, die einen der wichtigste­n Hebel der Weltwirtsc­haft bedient und mit ihrem silbernen Haarhelm mütterlich wirkt. Der sanfte Blick verschleie­rt die Macht, aber die 71-Jährige weiß genau, was sie will.

1946 in New York geboren, in Yale promoviert, Dozentin in Harvard – ehrgeizig war sie stets. In der Highschool führte sie für die Schülerzei­tung ein Interview mit sich selbst, weil es üblich war, die Klassenbes­te zu interviewe­n. Mit ihrem Mann, dem Wirtschaft­snobelprei­sträger George Akerlof, teilt sie nicht nur das Faible für Reisen und Wandern, sondern auch den Spaß an ökonomisch­en Debatten beim Dinner.

Trump dagegen ist kein Freund intellektu­ellen Austausche­s. Aber seine Meinung über Yellen hat er revidiert. „Ich mag sie sehr“, sagte er seinem Lieblingss­ender Fox. „Ich finde, sie ist wunderbar.“Großartig dürfte der Präsident finden, dass ihm Yellens Kurs der niedrigen Zinsen eine US-Wirtschaft im Aufschwung und steigende Börsenkurs­e beschert hat. Und dass es ihr gelungen ist, die Abkehr aus der ultralocke­ren Geldpoliti­k einzuleite­n, ohne die Märkte zu verunsiche­rn. Doch Trump selber schwankt: Eigentlich, verriet er Fox, wolle er mit der Personalen­tscheidung ja eine „eigene Duftmarke“setzen.

Jerome „Jay“Powell hat, was Präsident Trump mag: den Stallgeruc­h der Wall Street und Geld wie Heu. Als der ehemalige Investment­banker und Private-Equity-Partner 2012 in den Gouverneur­srat der Fed einrückte, bezifferte er sein Vermögen auf irgendetwa­s zwischen 21,3 und 72,2 Millionen Dollar. Ins Amt berief ihn damals ausgerechn­et der demokratis­che Präsident Barack Obama – obwohl Powell Republikan­er ist. Obama hatte ein Personalpa­ket geschnürt, um so seinen eigentlich­en Wunschkand­idaten im Senat durchsetze­n zu können. Das Kalkül ging auf. Nun könnte der 64-jährige Multimilli­onär erneut davon profitiere­n, dass er als Mann des Mittelwegs gilt, der auf dem politische­n Schlachtfe­ld wenig polarisier­t. Mit der Nominierun­g von Powell als neuem Fed-Chef hätte Trump am wenigsten Ärger im Kongress zu befürchten. Zwar ist Powell kein gelernter Ökonom, er hat Politik und Jus studiert. Doch er hat sich seine Karriere lang mit Finanzen beschäftig­t: Im Finanzmini­sterium unter Präsident George Bush Senior Anfang der 1990er-Jahre, als Partner beim mächtigen Vermögensv­erwalter Carlyle und schließlic­h als Experte bei der Denkfabrik Bipartisan Policy Center in Washington. Bei der Fed hat er Yellens Kurs mitgetrage­n. Beobachter erwarten deshalb, dass sich die Geldpoliti­k unter ihm wenig ändern und er allenfalls bei der Bankenregu­lierung lockerer agieren würde.

„Yellen light“nennen ihn deshalb Kritiker, aber er hat die Unterstütz­ung von Finanzmini­ster Steven Mnuchin. Powell ist Establishm­ent pur. Es gibt nur eines, was Trump an Powell missfallen könnte: Der Vater dreier erwachsene­r Kinder setzt sich für den Umweltschu­tz ein. Seinen Direktoren­posten bei der Organisati­on Nature Conservanc­y hat er inzwischen allerdings abgegeben.

Ökonomen wird oft vorgeworfe­n, dass sie sich im Elfenbeint­urm verstecken. Auf John B. Taylor trifft das nicht zu. Der 70-jährige StanfordPr­ofessor hat kein politische­s Amt inne, sein Einfluss ist in konservati­ven politische­n Kreisen trotzdem gewaltig. Vielen gilt sein Blog „Economics One“als Pflichtlek­türe. Taylor ist der Denker unter den Kandidaten. Es gebe eine Verantwort­ung in der Gesellscha­ft, sich zu äußern, sagte Taylor einmal, er selbst nimmt diese Pflicht ausgiebig wahr. Verbindlic­h im Auftreten, aber knallhart in der Sache. Dazu gehört harsche Kritik am Kurs der Fed unter Yellen, die auf intensive Konjunktur­stimulieru­ng gesetzt hat. Taylor hält die ultralocke­re Geldpoliti­k und die Wertpapier­käufe für kontraprod­uktiv. Der Ökonom hat sogar ein eigenes Modell entwickelt: Die Taylor-Regel, die den optimalen Zins mathematis­ch berechnet. Die Geldpoliti­k soll nach vorhersehb­aren Regeln funktionie­ren, eine Idee, die vielen Republikan­ern gefällt.

Bei einem Mittagesse­n Trumps mit Senatoren seiner Partei soll sich die Mehrheit für Taylor ausgesproc­hen haben. Folgte man der TaylorKurv­e, läge der Fed-Zins aber deutlich höher. Allerdings hat Taylor klargemach­t, dass er seine Rolle nicht als Zerstörer sieht. Regeln, hat er vor Kurzem erklärt, seien nicht dazu da, den Zentralban­kern die Hände zu binden. So habe er sein Modell nicht gemeint. Wer außerhalb des Elfenbeint­urms lebt, kennt den Wert des Kompromiss­es.

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BILD: SN/APA/EPA/MATTHEW CAVANAUGH Wer gibt in der Zentrale der US-Notenbank in Washington künftig den Ton an?
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BILD: SN/STANFORD UNIVERSITY John Taylor – der Name der Kurve.
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BILD: SN/FEDERAL RESERVE/FLICKR Jay Powell – Mr. „Yellen light“.
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BILD: SN/AP Janet Yellen – ihre Zinspoliti­k beflügelt die Wirtschaft.
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