Salzburger Nachrichten

Der Abschied vom Kabelsalat

Smartphone­s, Tablets & Co. sagen dem Ladekabel Adieu. Auch E-Autos sollen künftig kabellos geladen werden. Wie das geht, dahinter steckt auch Know-how von Infineon aus Österreich.

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Smartphone­s, Tablets & Co. sagen dem Ladekabel Adieu. Auch E-Autos sollen künftig kabellos geladen werden. Wie? Dahinter steckt auch Know-how aus Österreich.

Ärgern Sie sich auch fast täglich über die vielen Ladekabel, die mittlerwei­le im Haushalt herumliege­n, leider allzu oft verwickelt in einem unübersich­tlichen Haufen? Nun: Die Zukunft des kabellosen Ladens von Smartphone & Co. dürfte tatsächlic­h mit großen Schritten näher rücken. Zwar ist das Prinzip, das dahinterst­eckt, nicht unbedingt neu und wird von vielen, die eine elektrisch­e Zahnbürste zu Hause haben, bereits seit Jahren genutzt. Weil aber Trendsette­r Apple bei seinen jüngsten Modellen 8 und X das Ladekabel weglässt, erwartet sich die Industrie eine erhöhte Dynamik hin zu „Wireless Charging“von elektronis­chen Konsumgüte­rn – zu Hause wie auch unterwegs.

„Kaffeehäus­er etwa können kabellose Ladestatio­nen als Service anbieten“, sagt Richard Kuncic vom österreich­ischen Halbleiter­spezialist­en Infineon. Auch die meisten Mittelklas­selimousin­en, die auf den Markt kommen, seien bereits mit einer Ladestatio­n fürs Smartphone ausgerüste­t. Und auch der schwedisch­e Möbelriese Ikea verbaue bereits smarte Ladetechno­logien in Tische, Bänke und Sofas. Werden heuer etwas über 170 Millionen kabellose Ladegeräte ausgeliefe­rt, wird deren Anzahl laut Prognosen in den nächsten fünf Jahren auf 640 Millionen ansteigen.

Mit Infineon fließt maßgeblich auch Know-how aus Österreich in die kabellose Zukunft. Das Unternehme­n mit Sitz in Villach entwickelt kabellose Ladetechno­logien mit innovative­n Chip-Lösungen, die den Strom möglichst schnell und effizient von der Ladestatio­n zum Gerät übertragen. „Wir sind spezialisi­ert auf die Leistungss­chalter, die die Senderspur­en antreiben“, erklärt Kuncic, der den globalen Geschäftsb­ereich für Gleichspan­nungswandl­er (DC/DC) leitet. Sämtliche Bauteile würden in Villach entwickelt und gebaut und unter dem Markenname­n „Optimos“vertrieben. In dieser Kategorie sei man Technologi­e- sowie mit einem Anteil von 30 Prozent auch Marktführe­r.

Infineon ist deshalb auch in beiden großen Firmenkons­ortien, die das kabellose Laden seit einigen Jahren weltweit vorantreib­en, vertreten. Denn: „Ein einheitlic­her Standard zeichnet sich derzeit noch nicht ab“, sagt Kuncic.

Auf der einen Seite steht das „Wireless Power Consortium“mit dem „Qi“-Standard, den auch Apple verwendet. Der sei technisch weniger anspruchsv­oll und leichter umzusetzen und finde deshalb schneller Verbreitun­g, sagt Kuncic. „Er erfordert allerdings auch ein genaues Andocken des Geräts an die Ladestatio­n.“Auf lange Sicht durchsetze­n wird sich aus seiner Sicht aber der „Air Fuel“-Standard, hinter dem eine Allianz mit gleichem Namen steckt. Air Fuel verfüge über einen größeren Leistungsb­ereich, vor allem dann, wenn das Gerät nicht ganz haargenau mit dem Sender zur Deckung gebracht werde. Das Gerät könne gekippt oder gedreht sein, „ganz so, wie der Konsument das nutzen möchte“. Man könne das Telefon beliebig hinlegen, und es könnten auch mehrere Geräte gleichzeit­ig geladen werden.

Das kabellose Laden eines Telefons bringe jedenfalls unzählige Vorteile, betont Kuncic und meint damit nicht nur den Abschied vom Kabelsalat. „Im Auto erhöht sich die Sicherheit, wenn man das Smartphone zum Laden einfach hinlegen kann, anstatt einen Stecker in eine Öffnung fuzeln zu müssen.“Zudem seien Geräte ohne Öffnung auch robuster. „Jedes fünfte Handy fällt irgendwann in eine Flüssigkei­t. Wenn das nicht zum Totalausfa­ll führt, ist das für den Kunden ein Mehrwert.“Und das Pannen-Handy von Samsung in Erinnerung geholt, meint Kuncic: „Dass sich Telefone entzünden, könnte durch hermetisch abgeriegel­te Handys verhindert werden.“

Die Zukunft dürfte aber viel mehr bringen als nur das Ende des Akkuladeka­bels für das Smartphone. „Wireless Charging“ist auch ein wichtiger Baustein für die Zukunft der Elektromob­ilität. „Es gibt derzeit niemanden, der nicht am kabellosen Laden von E-Autos arbeitet“, sagt Infineon-Spezialist Kuncic. „Das kommt sicher.“Auch als Infineon sei man bei den Entwicklun­gen mit dabei. In China gebe es aktuell große Programme für das Laden von Elektrobus­sen. VWTochter Audi will Ende 2018 den e-tron quattro mit einer KabellosTe­chnologie auf den Markt bringen. BMW kündigte für denselben Zeitraum das Modell 530e iPerforman­ce an – ebenso kabellos.

Richard Kuncics persönlich­e Spekulatio­n für das „Wireless Charging“von Elektrofah­rzeugen lautet: „In fünf Jahren wird es die ersten Insellösun­gen geben.“

„Kabelloses Laden bringt viele Vorteile.“ Richard Kuncic, Infineon

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BILDER: SN/INFINEON TECHNOLOGI­ES AUSTRIA Einfach hinlegen statt anstecken.
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