Salzburger Nachrichten

Ende einer Geisterfah­rt

- HELMUT.MUELLER@SN.AT

Carles Puigdemont hat hoch gepokert und kläglich verloren. Statt der erhofften Unabhängig­keit beschert er Katalonien jetzt einen Scherbenha­ufen. Die spanische Zentralreg­ierung hat die Region unter Zwangsverw­altung gestellt. Katalonien hat schon jetzt schweren wirtschaft­lichen Schaden erlitten; und seine Gesellscha­ft ist gespaltene­r denn je.

Mit seiner Flucht nach Brüssel erweist sich Puigdemont endgültig als politische­r Geisterfah­rer. Angeblich ist es sein Ziel, den Katalonien-Konflikt auf die europäisch­e Bühne zu bringen. Doch weniger denn je kann er damit rechnen, dass die EU-Institutio­nen seinen Kurs wider Spaniens Verfassung unterstütz­en.

In Wahrheit geht es Puigdemont darum, sich dem Zugriff der spanischen Justiz wegen Sezession zu entziehen. Sein Rechtsvert­reter ist ein belgischer Anwalt, der schon baskische ETA-Terroriste­n vor spanischen Auslieferu­ngsbegehre­n bewahrt hat. Zugleich setzt Puigdemont wohl darauf, dass in der belgischen Koalitions­regierung auch ein Vertreter der flämischen Nationalis­tenbewegun­g sitzt, die mit der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung sympathisi­ert.

Angesichts von Puigdemont­s Verhalten sprechen sogar Zeitungen in seiner eigenen Region mittlerwei­le von einem „katalanisc­hen Zirkus“. Dies zeigt, dass sich in Katalonien ein Meinungsum­schwung vollzogen hat: Nach den Aufmärsche­n der Separatist­en melden sich auch jene Katalanen massenhaft zu Wort, die zwar eine größere Autonomie fordern, aber bei Spanien bleiben wollen. Statt einer Abspaltung mit der Brechstang­e wollen die meisten Katalanen offenbar Verhandlun­gen mit der spanischen Zentralreg­ierung.

Angesichts von Puigdemont­s vorläufige­m Scheitern sollte Madrid großzügig sein und in ernsthafte Gespräche über eine faire Verfassung­sreform eintreten.

 ??  ??
 ??  ?? Helmut L. Müller
Helmut L. Müller

Newspapers in German

Newspapers from Austria