Ende einer Geisterfahrt
Carles Puigdemont hat hoch gepokert und kläglich verloren. Statt der erhofften Unabhängigkeit beschert er Katalonien jetzt einen Scherbenhaufen. Die spanische Zentralregierung hat die Region unter Zwangsverwaltung gestellt. Katalonien hat schon jetzt schweren wirtschaftlichen Schaden erlitten; und seine Gesellschaft ist gespaltener denn je.
Mit seiner Flucht nach Brüssel erweist sich Puigdemont endgültig als politischer Geisterfahrer. Angeblich ist es sein Ziel, den Katalonien-Konflikt auf die europäische Bühne zu bringen. Doch weniger denn je kann er damit rechnen, dass die EU-Institutionen seinen Kurs wider Spaniens Verfassung unterstützen.
In Wahrheit geht es Puigdemont darum, sich dem Zugriff der spanischen Justiz wegen Sezession zu entziehen. Sein Rechtsvertreter ist ein belgischer Anwalt, der schon baskische ETA-Terroristen vor spanischen Auslieferungsbegehren bewahrt hat. Zugleich setzt Puigdemont wohl darauf, dass in der belgischen Koalitionsregierung auch ein Vertreter der flämischen Nationalistenbewegung sitzt, die mit der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung sympathisiert.
Angesichts von Puigdemonts Verhalten sprechen sogar Zeitungen in seiner eigenen Region mittlerweile von einem „katalanischen Zirkus“. Dies zeigt, dass sich in Katalonien ein Meinungsumschwung vollzogen hat: Nach den Aufmärschen der Separatisten melden sich auch jene Katalanen massenhaft zu Wort, die zwar eine größere Autonomie fordern, aber bei Spanien bleiben wollen. Statt einer Abspaltung mit der Brechstange wollen die meisten Katalanen offenbar Verhandlungen mit der spanischen Zentralregierung.
Angesichts von Puigdemonts vorläufigem Scheitern sollte Madrid großzügig sein und in ernsthafte Gespräche über eine faire Verfassungsreform eintreten.