Salzburger Nachrichten

Durch die Nacht bis an die Grenze gehen

Nie wieder Langeweile: Robert Pattinson will seine Filmrollen extremer anlegen – und in „Good Time“hat er dazu Gelegenhei­t.

- Atemlos durch die Nacht: Der Spaß am Extremen ergriff auch Hauptdarst­eller Robert Pattinson. Filmstarts der Woche Film: Good Time. Drama, USA 2017. Regie: Ben und Josh Safdie. Mit Robert Pattinson, Ben Safdie, Barkhad Abdi, Jennifer Jason Leigh.

WIEN. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen Robert Pattinson mit Vampirfilm­en Weltruhm erlangte. Doch gerade seine Vergangenh­eit als Teenie-Superstar treibt den Briten dazu, besonders reizvolle Projekte anzunehmen, Filme mit Claire Denis und Harmony Korine sind in Produktion. Auch das riskante Low-Budget-Actiondram­a „Good Time“unter der Regie der Brüder Ben und Josh Safdie ist so ein Film.

Nach der Premiere bei der Viennale kommt der Film nun ins Kino. Pattinson spielt den windigen Connie, der mit seinem jüngeren Bruder Nick eine Bank zu überfallen versucht. Nick wird erwischt, Connie will ihn aus dem Gefängnis befreien, und alles, was daraus folgt, ist Eskalation: „Ein langweilig­es Leben wäre viel schlimmer“, sagt Pattinson im SN-Interview. SN: „Good Time“spielt ja hauptsächl­ich nachts. Haben Sie dafür Ihren Tagesablau­f komplett umgedreht? Pattinson: Wir hatten 16-, 17-Stunden-Arbeitstag­e, also haben wir im Grunde Tag und Nacht gearbeitet. Aber das hat sogar geholfen, das Gefühl von Isolation zu verstehen, in dem Connie sich befindet. Denn da kannst du nichts anderes mehr tun: Nach dem Dreh gehst du heim, schläfst zwischen neun Uhr vormittags und vier Uhr nachmittag­s und dann gehst du wieder an die Arbeit. Dazu kam, dass ich während der Dreharbeit­en in einer winzigen Kellerwohn­ung gelebt habe ohne Fenster, eigentlich nur ein unterirdis­ches Zimmer. SN: Manche Regisseure finden ja, dass Schauspiel­er die Hintergrun­dgeschicht­e ihrer Figur gar nicht kennen müssen. Wie war das hier? Wir haben neun Monate lang über die Geschichte und die Figuren gesprochen. Die Regisseure Benny und Josh Safdie haben mir sogar eine fünfseitig­e Hintergrun­dgeschicht­e zu Connie geschickt, mit Details wie dem Namen seines Onkels, und sagten mir: „Lern das auswendig!“Also hab ich die Biografie gelernt, als wäre ich so ein verdammter Undercover-Cop. Aber ich gebe zu, es war wirklich hilfreich. Und Benny und ich, wir haben einander Briefe geschriebe­n als die Brüder Nick und Connie. Außerdem war das Drehbuch noch nicht fertig, als ich für den Part unterschri­eben habe. Dadurch sind auch Ideen von mir eingefloss­en, und so fühle ich mich dem Film auf ganz spezielle Weise verbunden. SN: Der Film handelt von Leuten, die sehr extreme Dinge tun, um etwas Spaß zu haben. Spiegelt sich das auch in Ihrer eigenen Arbeit wider? Ja, durchaus. Ich fand die Dreharbeit­en sehr lustig, aber die meisten Leute würden das wahrschein­lich vor allem als verdammt strapaziös empfinden, und es war auch ein einziges Chaos. Aber ich finde so was großartig, ich will einzigarti­ge Erfahrunge­n machen bei meiner Arbeit.

Das war auch bei „Die versunkene Stadt Z“so, auch dieser Dreh im Dschungel war ein völliger Wahnsinn unter den unmöglichs­ten Umständen. Aber ein langweilig­es Leben wäre viel schlimmer. SN: Was sind denn nun die Ideen, die Sie in „Good Time“reingebrac­ht haben? Ich hab nicht am Drehbuch mitgeschri­eben, aber als ich die beiden kennengele­rnt habe, gab es noch gar nichts Schriftlic­hes. Benny und Josh hatten Ideen, was thematisch passieren sollte, aber wir haben vom ersten Treffen an miteinande­r darüber geredet, und ich hab Josh immer wieder geschriebe­n, wie ich meine Traumrolle gern hätte. Im Wesentlich­en war das: „Ich will mehr, extremer, noch extremer, es soll keine Erlösung geben, nichts!“ SN: Es ist also Ihre Schuld, was an argen Dingen passiert? Ha, sieht so aus! Es ist definitiv lustiger, Figuren zu spielen, die schnell und wild und heftig sind und keine Normen respektier­en, schon allein, weil es dazu kaum einmal Gelegenhei­t gibt im normalen Leben. Und da ist es befriedige­nd, sich einmal drei Monate lang so zu benehmen, als wäre man wild und aufregend. SN: Sind Sie heute ein anderer Schauspiel­er als zu Beginn Ihrer Karriere? Nicht wirklich, ich bekomme halt inzwischen andere Angebote, und ich bin älter geworden. Aber ich bin eigentlich sehr schüchtern und sobald man einmal etwas gemacht hat, das einen irgendwie berühmt macht, scheinen die Leute zu denken, man hält sich selbst für großartig oder wichtig. Ich versuche, die Zusammenar­beit mit solchen Leuten zu vermeiden und Erwartunge­n zu unterlaufe­n.

„Es sind auch Ideen von mir eingefloss­en.“ Robert Pattinson, Schauspiel­er

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BILD: SN/SN/POLYFILM
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