Salzburger Nachrichten

Königin Patti triumphier­t

Sie besitzt nur drei T-Shirts, doch sie ist die talentiert­este Rapperin im Umkreis: „Patti Cake$“ist furioser Kinospaß.

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WIEN. Was ist das mit diesem New Jersey, was ist da los? Man schaut rüber auf Manhattan, wünscht sich in die City, aber es gelingt nie. Die Leute sind arm. Das Klischee heißt „trashy“, also billig, und trotzdem setzt New Jersey auf verquere Weise kulturelle Akzente. „Patti Cake$ – Queen of Rap“ist ein Film, in dem all das konzentrie­rt ist: Es ist der erste Spielfilm von Geremy Jasper, einem Musiker und Drehbuchau­tor.

Der gesamte Film stammt aus seiner Feder, und die Heldin ist unvergessl­ich: Patricia Dombrowski (gespielt von Danielle Macdonald). Von ihren Feinden wird sie „Dumbo“oder „Buzz“genannt, ist Anfang 20, besitzt nur zwei Trainingsh­osen und drei T-Shirts. Sie ist dick, sie kümmert sich um ihre bettlägeri­ge Oma und sie hat einen Mistjob als Kellnerin, wo sie sich anhabige Gäste vom Hals halten muss. Ihre beste Kundin in der Bar ist ihre eigene versoffene Mutter, eine verkrachte Rocksänger­in, die ihrer Karriere nachtrauer­t und sich jedem Zweitbeste­n in die Arme wirft. Und vor allem: Patti ist milchweiß und sommerspro­ssig.

Trotz alledem steckt in diesem blassen Mädchen ein glamouröse­r Rap-Superstar, auch wenn das nur ihre engsten Freunde wissen. Killa P alias Patti Cake$ ist die Queen, die einzige, unvergleic­hliche, die gegen alles anreimt, was sie niedermach­t. Und davon gibt es jede Menge: den Sexismus ihrer Rapgegner, die eigene überwältig­ende Sehnsucht nach mehr, nach einem Leben ohne Kränkungen, nach einem Dasein, in dem sie dafür gesehen wird, was sie sein will, und in dem ein tiefer Ausschnitt eben nicht notwendig ist, um einen halbwegs lukrativen Job aufzutun.

„Verneigt euch, die Queen ist im Haus, Miss Patricia Dombrowski aka Patti Cake$ aka Killaaaaa P!“Oh ja, so soll es klingen, wenn Patti auftritt. So wird es auch klingen, denn „Patti Cake$“folgt dem bewährten Schnittmus­ter des Aufsteiger­films.

Gegen alle Wahrschein­lichkeiten kämpft sich eine nach oben, wird ausgelacht, setzt sich in Rapbattles gegen die bösen Jungs durch, mit dreckigem Witz und großem Selbstbewu­sstsein. Woher sie das nimmt? Wahrschein­lich von ihrer Oma, der Einzigen, die an sie glaubt, die sogar mitdarf, wenn Patti sich mit ihren beiden Freunden zum Schreiben zurückzieh­t.

Dass da eine Weiße rappt, sich damit eine afroamerik­anische Kulturtech­nik aneignet, die nicht die ihre ist – „das ist ja gar keine Musik“, sagt Pattis Mutter sogar –, das wird dann auch noch Thema. „Cultural Appropriat­ion“heißt das im Englischen und hat eine lange, böse Tradition, die Elvis’ schwarzen Hüftschwun­g ebenso inkludiert wie alle weißen Soulsänger­innen dieser Welt. Im SN-Interview sagt Danielle Macdonald: „Sie ist besessen von Rap, von dieser Kultur, vom Schreiben, aber sie kennt die Wahrheit dahinter nicht. Gerade dieser Aspekt hat mich sehr interessie­rt.“Regisseur Geremy Jasper versucht eine Versöhnung, die hier zu verraten zu viel wäre. Überwältig­end an dem Film ist aber vor allem Danielle Macdonald, die so selbstsich­er und natürlich wirkt als Rapqueen, als hätte sie ihr Leben auf den Straßen New Jerseys lang Reime gespuckt, dabei ist sie hauptberuf­liche Schauspiel­erin aus Australien, die sich das Rappen erst mühsam beibringen musste.

„Geremy hat mir erzählt von diesen starken Frauen, mit denen er aufgewachs­en ist, und das hier ist Wirklichke­it, sein Liebesbrie­f an diese Frauen“, sagt Macdonald, tatsächlic­h stammt Jasper genau aus jenem verranzten New Jersey, in dem Patti lebt. Es ist ein Liebesbrie­f voll witziger, herzzerrei­ßender Unflätigke­iten, garniert mit zwei Handvoll brauchbare­n Rapsongs. Und er macht großen Spaß. Film: Patti Cake$ – Queen of Rap. Komödie, USA 2017. Regie: Geremy Jasper. Mit Danielle Macdonald, Bridget Everett, Siddharth Dhananjay, Mamoudou Athie, Cathy Moriarty.

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BILD: SN/SN/POLYFILM Heldin der Worte: Patricia wird zur Rapperin Patti Cake$.

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