Salzburger Nachrichten

In der Krise verringert sich die Lohnschere

In wirtschaft­lich guten Zeiten aber profitiere­n Männer tendenziel­l stärker als Frauen. Österreich ist im EU-Vergleich weiter Schlusslic­ht.

- Christine Zulehner, Wifo SN, APA

Von 2007 bis 2015 hat sich in Österreich der mittlere Lohnunters­chied bei den Bruttolöhn­en zwischen Mann und Frau zwar schwankend, jedoch stetig verringert. Das geht aus einer jüngst veröffentl­ichten WifoStudie hervor. Trotz des beobachtba­ren Rückgangs beim Lohnunters­chied sei Österreich im EU-Vergleich allerdings immer noch eines der Schlusslic­hter, erklärte Studienaut­orin Christine Zulehner am Mittwoch. Die Differenz beim Bruttostun­denlohn – wobei Frauen weniger als Männer verdienen – fiel von 20,2 Prozent 2007 auf 14,5 Prozent im Jahr 2014. Allerdings ging die Lohnschere im Jahr 2015 – dem letzten in der Studie berücksich­tigten Jahr – mit 15,6 Prozent wieder auseinande­r. Dabei lässt die Studie vermuten, dass je besser die Lage der heimischen Wirtschaft ist, desto weiter geht die Gehaltssch­ere auseinande­r.

So würden gesamtwirt­schaftlich­e Veränderun­gen wie Krisen, die die Löhne dämpfen, einen Teil des Lohnunters­chieds ausmachen. Seit der Wirtschaft­skrise 2008 habe es einen erhöhten Wettbewerb­sdruck gegeben. Dieser könnte Unternehme­n dazu gezwungen haben, auf sachlich nicht gerechtfer­tigte Lohnunters­chiede zu verzichten.

So profitiere­n Männer in wirtschaft­lich guten Zeiten tendenziel­l stärker als Frauen von gewinnabhä­ngigen Lohnkompon­enten wie etwa Boni und Prämien. Diese dürften laut der Wifo-Studie nach 2007 reduziert oder weggefalle­n sein. „Unternehme­n können durch eine detaillier­te Analyse und Anpassung ihrer Lohnkompon­enten wie etwa der Boni und Prämien zur Angleichun­g der Löhne beitragen“, erläutert Zulehner.

Lohndiffer­enzen lassen sich durch Geschlecht­errollen bei der Bildung oder der Berufswahl erklären. Auch Alter und Geburtslan­d spielen eine Rolle. Diese sogenannte­n beobachtba­ren Merkmale gin- gen von 2007 bis 2015 um 3,0 Prozentpun­kte zurück. Sie erklären einen Anteil des Lohnunters­chieds zwischen 23,4 Prozent und 58,1 Prozent. Der verbleiben­de unerklärte Anteil hat sich ebenfalls verringert. Das bedeutet, dass auch Unterschie­de der nicht beobachtba­ren Merkmale wie Risikobere­itschaft oder Wettbewerb­sneigung geringer wurden.

Trotzdem seien die Unterschie­de in Berufserfa­hrung und Arbeitsaus­maß in Österreich noch stark ausgeprägt. Sie sorgen für eine geringere Entlohnung und verringern berufliche Aufstiegsc­hancen von Frauen. Politikmaß­nahmen zur Vereinbark­eit von Beruf und Familie, zum Aufbrechen von Rollenbild­ern bei Berufen sowie mehr Gehaltstra­nsparenz von Unternehme­n könnten Österreich aus seiner Schlusslic­htrolle innerhalb der EU führen, heißt es in der Wifo-Studie. „Ausbau der Kinderbetr­euungseinr­ichtungen, insbesonde­re mit ganztägige­r Betreuung, und längere Väterkaren­z können die ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Hausarbeit, die Unterschie­de in der Berufserfa­hrung und damit Aufstiegsc­hancen angleichen.“

„Anpassung von Prämien kann zur Angleichun­g der Löhne beitragen.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria