Salzburger Nachrichten

Ein Urteil, das aufregt, aber dem Gesetz Rechnung trägt

- ANDREAS.WIDMAYER@SN.AT

Ein Mann fährt im psychotisc­hen Wahn einen jungen Menschen vorsätzlic­h tot und ist acht Monate später wieder in Freiheit. Natürlich ist das Urteil über den norwegisch­en Todeslenke­r nur sehr schwer bis gar nicht fassbar. Für die Angehörige­n des Opfers ist es wohl unerträgli­ch.

Tatsache ist aber auch, dass der 42-jährige Verursache­r des Horrorunfa­lls zur Tatzeit laut einer sehr erfahrenen, renommiert­en Gutachteri­n an einer akuten Psychose litt und nicht zurechnung­sfähig war. Nach einer nun mehrmonati­gen intensiven psychiatri­schen Behandlung ist seine Psychose inzwischen abgeklunge­n. Nimmt der Mann weiter seine Medikament­e, dann geht von ihm laut Ansicht gleich mehrerer Experten keine Gefahr mehr aus.

Behandlung­serfolg, Krankheits­einsicht und der Wille des Täters, sich weiter behandeln zu lassen, ließen dem Gericht schon per Gesetz keinen Ermessenss­pielraum, als ihn letztlich nur bedingt in eine Anstalt einzuweise­n. Anders gesagt: In einem Rechtsstaa­t ist es nicht möglich, jemanden trotzdem präventiv in einer geschlosse­nen Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her unterzubri­ngen, wenn die Voraussetz­ungen dafür nicht mehr vorliegen.

Bei aller verständli­chen Empörung und wenn es auch zynisch klingt: Der Amokfahrer hat wohl auch sein Leben und das seiner Familie nachhaltig beschädigt.

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Andreas Widmayer
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