So geht direkte Demokratie nicht
Wenn, dann muss man konsequent sein. Und beispielsweise auch die Parteienförderung kürzen.
Johannes Huber FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wird möglicherweise bedauern, was er vor der Wahl versprochen hat. Die Freihandelsabkommen TTIP und CETA dürften „nur mit einer Volksabstimmung“kommen, ließ er im September wissen. Bei den Koalitionsverhandlungen „vergisst“er das nun besser; oder er riskiert, dass SchwarzBlau doch nicht zustande kommt. Dass eine wirtschaftsfreundliche ÖVP das mitträgt, ist jedenfalls nur schwer vorstellbar.
Wenn, dann läuft es auf einen Kompromiss hinaus: „Mehr direkte Demokratie bei zukünftigen Fragestellungen.“Auch damit könnte Strache leben. „Volksgesetzgebung“ist sein Anliegen: Ignoriert das Parlament ein Begehren, das von mindestens einer Viertelmillion Wahlberechtigten unterstützt wird, soll es eine Volksabstimmung darüber geben; damit wäre das Parlament in dieser Sache ausgeschaltet. Ähnliches hat Sebastian Kurz (ÖVP) vor einigen Jahren ebenfalls vorgeschlagen.
Grundsätzlich sollte man sich einer solchen Debatte nicht verschließen: Sehr viel spricht dafür, das Volk zu stärken. Wobei man die Schweiz nicht nur als Vorbild anführen kann, sondern muss; aber ganz. Das erst würde nämlich deutlich machen, wie umfassend der Handlungsbedarf wäre.
Erstens: Die österreichische Parteienförderung müsste stark gekürzt werden. Allein heuer fließen unter diesem Titel 209 Millionen Euro. In der Eidgenossenschaft gibt es nichts Vergleichbares. Also können Parteien weniger Kampagnen organisieren. Und das ist gut so; damit ist es auch schwerer für sie, das Volk für oder gegen etwas zu instrumentalisieren. Initiativen können stattdessen viel eher wirklich allein von diesem getragen werden.
Zweitens: Die Bürger müssten ordentlich informiert werden. In der Schweiz erhalten sie vor Abstimmungen ein offizielles Büchlein, in dem Hintergründe, Vor- und Nachteile präsen- tiert werden. Auf dieser Grundlage kann sich jeder eine vernünftige Meinung bilden.
Drittens: Wer entscheidet, muss Verantwortung tragen. Und zwar auch für allfällige Konsequenzen. Wie in der Schweiz, wo folglich Steuererhöhungen genauso einer Volksabstimmung unterzogen werden wie Sparpakete.
Viertens: Es braucht einen gesellschaftlichen Grundkonsens. Gewisse Dinge müssen außer Streit stehen. Und da gibt es selbst in der Schweiz Probleme: 2010 formierte sich eine Bewegung für die Todesstrafe. Sie scheiterte. Schon die Forderung ging jedoch zu weit.
Das zeigt, dass direkte Demokratie nur unter gewissen Umständen gut sein kann. Und um diese muss man sich im Fall des Falles daher auch ernsthaft bemühen. Sonst wird das nichts. Ganz besonders in Österreich, wo Parteien viel dominierender sind als anderswo.