Saudis sponsern Wiederaufbau
Rakka, die ehemalige Hochburg der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS), soll nicht an die in Ost-Syrien vorrückende Assad-Armee zurückgegeben werden.
Zwei Jahre wird es dauern, bis Trümmerberge und Schutthalden in Rakka beseitigt sowie alle Minen und Blindgänger entschärft worden sind. Erst dann kann mit einem Wiederaufbau der fast völlig zerstörten Großstadt am Euphrat begonnen werden, die der „Islamische Staat“(IS) vor vier Jahren zur „Hauptstadt“seines inzwischen zerschlagenen „Kalifats“auserkoren hatte.
Rakka ist eine arabische Stadt. Sie wird gegenwärtig von den „Syrisch-Demokratischen Streitkräften“, einer überwiegend kurdischen Miliz, kontrolliert. Die Verwaltung wurde einem arabischen Stadtrat überlassen. Über die Zukunft von Rakka wollen jedoch Amerikaner und Franzosen bestimmen. Sie sind sich einig, dass die ehemalige IS-Kapitale „nie wieder“, so der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian vor einer Woche, an das Regime von Präsident Ba- schar al-Assad zurückgegeben werden soll. Dessen Truppen stehen bereits vor den Stadttoren.
Auch die Weichen für den Wiederaufbau wurden offenbar bereits gestellt: Bei einem Treffen mit Brett McGurk, dem amerikanischen Sonderbeauftragten für die Internationale Allianz gegen den IS, in der ostsyrischen Oase Ayn Issa versprach Thamer al-Sabhan, der saudische Minister für Angelegenheiten der Arabischen Halbinsel, die auf mindestens vier Milliarden Dollar geschätzte Rechnung zu übernehmen.
Mit dem Investment will Riad Einfluss in einer Region gewinnen, in der sich vom Iran unterstützte Schiitenmilizen seit Monaten auf dem Vormarsch befinden. Erst wenn „diese Terrorbanden eliminiert sind“, betont al-Sabhan bei je- der sich bietenden Gelegenheit, werde der Nahe Osten wieder zur Ruhe kommen. Ob die Rechnung der Saudis aufgeht, ist fraglich. Denn auch mit der Finanzierung von dschihadistischen Rebellengruppen in Syrien war es Riad nicht gelungen, die verhassten Schiitenmilizen zu schlagen, geschweige denn den geplanten Regimewechsel in Damaskus zu erzwingen.
Gegenwärtig scheint es SaudiArabien vor allem um Schadensbegrenzung zu gehen: Mit großer Sorge beobachtet Riad, wie die von der libanesischen Hisbollah unterstützte syrische Armee auf Abu Kamal vorrückt. Die letzte größere ISBastion im Tal des Euphrats liegt direkt an der syrisch-irakischen Grenze. Der Vorstoß wurde mit der irakischen Armee abgestimmt, die ihrerseits, von Osten kommend, in Richtung Abu Kamal marschiert. Auch die irakischen Regierungstruppen werden von schiitischen Milizen begleitet, welche ihre Befehle aus Teheran erhalten.
Ihr Ziel ist klar: Die Schaffung einer stabilen „Landbrücke“zwischen Syrien und dem Irak, und damit auch dem Iran, welche nicht nur für den Personen- und Güterverkehr genutzt werden soll. Auch die Verlegung von Pipelines vom Iran und Russland zur syrischen Mittelmeerküste ist vorgesehen.
Entsprechende Vorverträge waren vor Ausbruch des Bürgerkriegs vor sechseinhalb Jahren unterzeichnet worden. Auch Saudi-Arabien und Katar hatten damals Damaskus vorgeschlagen, Rohrleitungen für Öl und Gas zum Mittelmeer zu verlegen. Die Weigerung des Assad-Regimes war einer der Gründe für die massive Unterstützung der überwiegend islamistischen Opposition, von der in den ersten Kriegsjahren auch der IS profitierte.
Erst als die Türkei ihre Grenzen dichtmachte und private Geldgeber auf der Arabischen Halbinsel ihre Finanzhilfe stoppten, konnte die ISTerrormiliz wirksam bekämpft werden.