Salzburger Nachrichten

Absprachen bei Fernwärme

Die Justiz ermittelt seit Jahren, ein Kronzeuge erhält nun erstmals politische Unterstütz­ung.

- Zahlreiche Fernwärme-Vergaben stehen auf dem Prüfstand.

WIEN. Seit Jahren macht der auf Rohrleitun­gsbau spezialisi­erte Unternehme­r Peter Peninger aus Niederöste­rreich auf Unregelmäß­igkeiten und kriminelle Machenscha­ften bei öffentlich­en FernwärmeP­rojekten aufmerksam. Er selbst nimmt für sich in Anspruch, bei unsauberen Methoden wie Absprachen oder Deckangebo­ten nie mitgemacht zu haben. Wirtschaft­lich hat ihn das ruiniert, sein Unternehme­n wurde von der Konkurrenz aus dem Markt gedrängt, er ist pleite.

Der heute 57-Jährige brachte unter anderem einen Skandal ins Rollen, der mehrere ehemalige Mitarbeite­r der früheren Fernwärme Wien vor Gericht brachte. Die ersten Verfahren begannen 2015, es kam zu einzelnen Verurteilu­ngen, die später teilweise abgeschwäc­ht oder aufgehoben wurden. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) ermittelt aber weiter gegen zahlreiche Beschuldig­te. In fünf Fällen werden seit längerer Zeit Anklagen geprüft. Es geht dabei nach Auskunft der Behörde um Auftragsve­rgaben im Ausmaß von mehr als 20 Millionen Euro.

Nun erhält der Kronzeuge Peninger erstmals konkrete politische Unterstütz­ung – und zwar durch die Neos. Beate Meinl-Reisinger, stellvertr­etende Parteichef­in und Klubobfrau der Neos im Wiener Gemeindera­t, sagt, sie habe selbst mehrere Arbeitsger­ichtsproze­sse in dem Zusammenha­ng verfolgt. „Dabei ist alles, was Herr Peninger gesagt hat, bestätigt worden.“Daher werde ihre Partei auch im Nationalra­t nicht lockerlass­en und mit An- fragen Druck machen. „Wir müssen der Justiz signalisie­ren, das nicht zu vergessen.“

Heuer im Sommer erhielt Peninger vom Landesgeri­cht Klagenfurt in einer brisanten Schadeners­atzklage Verfahrens­hilfe zugesproch­en. Der Unternehme­r fordert vom Kärntner Energiever­sorger Kelag, der bei Fernwärme in Österreich führend ist, mehr als eine Mil- lion Euro. In der Klage heißt es, sein Unternehme­n sei 2010/11 bei einer großen Ausschreib­ung nur auf Platz zwei gelandet, weil er vom Auftraggeb­er Kelag und dem späteren Auftragneh­mer durch rechtswidr­ige Handlungen bei der Vergabe ausgeboote­t worden sei.

Für die Kelag geht es hier um viel. Denn bereits 2015 übte der Bundesrech­nungshof massive Kritik an den Ausschreib­ungen der Tochterfir­ma Kelag Wärme. Bei zwei Drittel der überprüfte­n Auftragsve­rgaben von 2009 bis 2013 wurden, wie damals berichtet, ungesetzli­che Vorgangswe­isen festgestel­lt. Bei den Vergaben wären mehr als drei Millionen Euro einzuspare­n gewesen.

Dieses Kapitel der Kelag-Vergangenh­eit spielt auch nach Salzburg, wo die Kärntner gemeinsam mit den Bundesfors­ten die Firma SWH (Strom und Wärme aus Holz) betrie- ben. Über die SWH flossen mehr als 220 Mill. Euro in rund 30 Biomasse-Anlagen in fast ganz Österreich, es gab auch reichlich Förderunge­n aus Steuergeld. Am Ende wurde die SWH 2011 liquidiert, die Banken sollen rund 100 Mill. Euro verloren haben.

Wie mühsam Peningers Kampf um Gerechtigk­eit ist, zeigt sich auch bei dieser Klage. Die Kelag beeinspruc­hte den Gerichtsbe­schluss zur Verfahrens­hilfe. Die Richterin wies das Rechtsmitt­el jedoch zurück. Die wesentlich­e Begründung: Peningers Klage sehe nicht so aus, als wäre sie mutwillig eingebrach­t worden. Bereits 2016 sei das Oberlandes­gericht Graz zum Schluss gekommen, die Klage sei „durchaus erfolgvers­prechend“.

Die Kelag gehört zu 51 Prozent der Kärntner Energiehol­ding, gut 35 Prozent der Anteile hält der Verbund und zu knapp 13 Prozent ist innogy, die Ökostrom-Tochter der RWE, eines der größten deutschen Energiekon­zerne, beteiligt. Die Energiehol­ding gehört dem Land Kärnten (51 Prozent) und innogy (49 Prozent).

„Wir werden da nicht lockerlass­en.“

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BILD: SN/RATZER
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Beate MeinlReisi­nger, Neos

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