Salzburger Nachrichten

Unter Rot-Schwarz war nicht alles schlecht

- 5020 Salzburg

Wenig überrasche­nd wurden von der ÖVP und der FPÖ bereits am 25. 10. die Verhandlun­gen für eine künftige Regierung aufgenomme­n. Dass die SPÖ als Zweiter den Gang in die Opposition gewählt hat, wurde von Christian Kern und Michael Häupl bereits vor der Wahl angekündig­t und ist somit auch keine Überraschu­ng. Lassen Sie mich aber trotzdem noch einmal kurz auf die Ereignisse im Wahlkampf eingehen:

Tatsache ist, dass die SPÖ mit dem Engagement von Tal Silberstei­n einen gravierend­en Fehler begangen hat und selbst Anhänger der Sozialdemo­kraten über den Slogan „Hol dir, was dir zusteht“den Kopf geschüttel­t haben. Dies war aber mit Sicherheit nicht die Hauptursac­he für das mäßige Abschneide­n am Wahlabend. Ich per- sönlich und sehr viele meiner Freunde vertreten die Ansicht, dass der linke Parteiflüg­el in der SPÖ die Zukunftsän­gste der Bevölkerun­g im Zusammenha­ng mit der Flüchtling­s- und Migrations­krise nicht ernst genommen hat und somit das Thema völlig der ÖVP und FPÖ überlassen wurde. Was man aber auch nicht unerwähnt lassen sollte, waren in der heißen Phase des Wahlkampfs die unqualifiz­ierten Attacken der Boulevardp­resse, mit denen der Bundeskanz­ler konfrontie­rt war. Diese Verächtlic­hmachung und Erniedrigu­ng von Spitzenpol­itikern ist ein Stil, der auch für die im kommenden Jahr stattfinde­nden Landtagswa­hlen Schlimmes befürchten lässt.

Und letztlich wurde im Wahlkampf völlig ausgeblend­et, dass Österreich mittlerwei­le eines der reichsten Länder in der EU ist, in dem die Wirtschaft boomt und die Arbeitslos­enzahlen sowie der Schuldenst­and verringert werden konnten. Wenn ich mich richtig erinnere, sind die Rahmenbedi­ngungen für diese erfreulich­e Entwicklun­g noch von der „alten Regierung“unter Christian Kern und Reinhold Mitterlehn­er in die Wege geleitet worden, sodass Behauptung­en, es sei unter Rot-Schwarz alles schlecht gewesen, absurd sind. Ich traue Christian Kern zu, dass er, mit der AK und dem ÖGB im Hintergrun­d, eine starke Opposition anführen wird, die sich insbesonde­re für die sozial Schwächere­n sowie für die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er einsetzt und sich klar vom neolibera- len Programm der Gegenseite abgrenzt. Denn in Zeiten zunehmende­r sozialer Ungleichhe­it wird sich sehr bald herausstel­len, dass die Sozialdemo­kratie mehr denn je gebraucht wird. Herbert Stocker,

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