Grapschaffäre bringt den „Aufdecker der Nation“zu Fall
Der 63-jährige Steirer nimmt seinen Hut, bestreitet aber die Vorwürfe einer Ex-Mitarbeiterin wegen sexueller Belästigung.
Lange konnte Peter Pilz seinen Wahltriumph nicht auskosten: Noch bevor der neue Nationalrat diese Woche erstmals zusammentritt, musste der 63-jährige Pilz bereits den Hut nehmen. Zu Fall brachten den prominenten Aufdecker und langjährigen Parlamentarier Vorwürfe der sexuellen Belästigung.
Diese liegen schon etwas zurück, wurden aber erst jetzt öffentlich bekannt: Es geht zum einen um Vorwürfe einer ehemaligen Assistentin von Pilz, die sich Ende 2015/Anfang 2016 mit rund 40 protokollierten verbalen und körperlichen Belästigungen an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt hatte. Zudem publizierte der „Falter“Anschuldigungen einer Mitarbeiterin der Europäischen Volkspartei: Pilz soll die Frau 2013 beim Forum Alpbach in betrunkenem Zustand vor Zeugen begrapscht haben: „Seine Hände waren überall.“
Letzteren Vorwurf nahm Pilz am Samstag zum Anlass für seinen Rückzug. Er könne sich zwar an den Vorfall nicht erinnern, aber „persönliche Erinnerungslosigkeit ist keine Entschuldigung“. Er werde sein Nationalratsmandat nicht annehmen: „Ich werde am Donnerstag bei der Angelobung nicht dabei sein.“Sein Rücktritt habe auch mit einer „Wahrung der Verantwortung“zu tun. Anders reagierte der „Aufdecker der Nation“auf die Vorwürfe seiner ehemaligen Mitarbeiterin im Grünen Klub: Er bestritt sämtliche Vorwürfe und stellte sich bei der Pressekonferenz als Opfer dar. Es habe sich um einen „Arbeitskonflikt“gehandelt, weil er die sehr ehrgeizige Assistentin nicht habe befördern wollen.
Er habe sich nicht gegen die Anschuldigungen wehren können, weil man ihm seitens der Grünen die verschriftlichten Vorwürfe verwehrt habe, beklagte Pilz. Als Quelle für die nunmehrige Veröffentlichung in den Medien vermutet Pilz seine Ex-Partei, mit der er sich im Sommer zerkracht hatte: „Fallen mit den Mandaten und mit den Jobs auch die Hemmungen weg? Heißt’s jetzt Rache für das, was nicht ich, sondern Wählerinnen und Wähler entschieden haben?“Die frühere grüne Parteichefin Eva Glawischnig wies „den Vorwurf der politischen Intrige aufs Schärfste zurück“. Pilz sei mit den Vorwürfen detailliert konfrontiert worden, sagte Glawischnig – allerdings nicht schriftlich, weil die Betroffene dies nicht wollte.
Die Mitarbeiterin habe sich zumindest bereit erklärt, dass das Schreiben Pilz „in fast allen Passagen“vorgelesen werden könne. „Es wurde ihm langsam vorgelesen, er konnte mitschreiben“, meinte Glawischnig: „Er war also sehr wohl in Kenntnis der Vorwürfe.“Ein Mitstreiter von Pilz, der Neo-Abgeordnete Peter Kolba, bemühte sich am Sonntag, den zurückgetretenen Listenchef als Opfer darzustellen: Auf Facebook sprach er von einer „wohlkoordinierten Kampagne in den Medien“, die Pilz zum Rücktritt veranlasst habe: „Uns bläst als Liste Pilz von den Mächtigen dieser Republik nun heftiger Gegenwind ins Gesicht.“
Man wolle keine Kontrolle à la Peter Pilz, vermutet Kolba. Die Partei werde aber ihre Kontrollarbeit fortsetzen und sich bemühen, Pilz „nach dessen selbst gewählter Pause“wieder einzubinden. Ob dieser das auch will, ist unklar.