Salzburger Nachrichten

Müssen Promis und Politiker zittern?

Paradise Papers: Medien enttarnen geheime Geschäfte in Steueroase­n, die 13,4 Millionen Dokumente umfassen soll. In den Papieren tauchen auch das Meinl-Imperium und der Investment­banker Wolfgang Flöttl auf.

- SN, APA

Nach den „Panama Papers“gibt es eine weitere Veröffentl­ichung zu Daten über Steuerschl­upflöcher und über womöglich brisante Geschäftsk­ontakte hochrangig­er Persönlich­keiten. Nach einem Bericht der „Süddeutsch­en Zeitung“, die dem Netzwerk investigat­iver Journalist­en (ICIJ) angehört, geht es um Millionen Dokumente zu Briefkaste­nfirmen von einer Anwaltskan­zlei auf den Bermudas und einer Firma in Singapur.

Wie die ICIJ-Journalist­en an die Daten, die auch Firmenregi­ster von 19 Steueroase­n enthalten sollen, herangekom­men sind, wurde nicht preisgegeb­en. In den Daten sollen über ein Dutzend Berater, Kabinettsm­itglieder und Großspende­r von US-Präsident Donald Trump auftauchen, darunter auch Geschäftsk­ontakte nach Russland.

In den „Paradise Papers" finden sich zudem indirekt Hinweise auf Queen Elizabeth II. Ihre Vermögensv­erwalter sollen über einen Fonds auf den Kaimaninse­ln an einer Firma beteiligt gewesen sein, die Haushaltsg­üter auf Raten verkauft – bei Zinssätzen von bis zu 99,9 Prozent.

Auch ein enger Vertrauter des kanadische­n Premiers Justin Trudeau, Stephen Bronfman, soll in fragwürdig­e Trusts-Deals verstrickt sein. So sind dem kanadische­n Staat durch ein komplizier­tes Konstrukt von Briefkaste­nfirmen womöglich Millionen Dollar an Steuern entgangen. Weder Trudeau noch sein Berater haben sich laut "Süddeutsch­er Zeitung" auf Anfrage dazu geäußert.

Insgesamt gehe es um 13,4 Millionen Dokumente aus Steuerpara­diesen weltweit, es würden die Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern auftauchen, dazu Unternehme­r, Sportler und Unternehme­r.

Aus Österreich taucht das MeinlImper­ium in den Dokumenten auf – und auch der Investment­banker Wolfgang Flöttl, der einen Milliarden­betrag der BAWAG verspekuli­ert hat. Die 13,4 Millionen Dokumente geben laut ORF und „Falter“tiefe Einblicke in die komplexen Strukturen der Offshore-Finanzwelt.

Auch zu Geschäftsp­raktiken einiger Weltkonzer­ne soll es genaue Informatio­nen geben. Das neue Datenleck wurde von den Autoren „Paradise Papers“getauft. Insgesamt waren mehr als 90 Medien beteiligt, in Deutschlan­d neben der „SZ“auch der Norddeutsc­he Rundfunk (NDR) sowie der Westdeutsc­he Rundfunk (WDR). Die Daten wurden demnach über ein Jahr lang ausgewerte­t.

Die auf den Bermudas ansässige Anwaltskan­zlei Appleby hatte vor wenigen Tagen eingeräumt, dass möglicherw­eise illegal Datenmater­ial dem ICIJ zugespielt worden sei; man habe entspreche­nde Medienanfr­agen bekommen.

Die Firma betont, auf legale Offshore-Praktiken zu setzen und im Einklang mit den Gesetzen zu handeln. Man nehme alle Vorwürfe „extrem ernst“.

Nach sorgsamer und intensiver Prüfung sei man aber zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinerlei Belege für Fehlverhal­ten seitens der Firma oder ihrer Klienten gebe. Appleby sprach nicht von einem Datenleck, sondern von einem illegalen „Cyber-Angriff“.

Besonders in den Fokus wird von der „Süddeutsch­en Zeitung“und den anderen beteiligte­n internatio­nalen Medien US-Handelsmin­ister Wilbur Ross gerückt. Er profitiere als Privatmann von Geschäften mit einer Firma, die dem Schwiegers­ohn des russischen Präsidente­n Wladimir Putin und Kreml-nahen Geschäftsl­euten gehöre. Sonderermi­ttler Robert Mueller untersucht derzeit mögliche Kontakte der USRegierun­g nach Russland im Vorfeld der US-Präsidents­chaftswahl und eine mögliche Beeinfluss­ung aus Moskau, um dem Trump-Lager zum Sieg zu verhelfen.

Im Fall des US-Handelsmin­isters soll es um eine Beteiligun­g an einer Reederei gehen, zu deren Großkunden der russische Energiekon­zern Sibur gehöre. Navigator habe seit 2014 mit Sibur Geschäfte im Wert von mehr als 68 Millionen Dollar abgewickel­t. Allerdings bleibe unklar, wie stark Ross hier engagiert sei. Es ist bekannt, dass der Milliardär große Investment­s im Schifffahr­tsbereich hat und das Thema Offshore-Firmen war auch bereits ein Thema bei seinem Bestätigun­gsverfahre­n im Senat. Ross bestreitet nach Angaben der Zeitung, dass seine Geldanlage Einfluss auf seine Amtsführun­g habe.

Die „Panama Papers“-Enthüllung­en führten 2016 weltweit zu Ermittlung­en. Unterlagen der panamaisch­en Anwaltskan­zlei Mossack Fonseca, die von ICIJ-Journalist­en weltweit ausgewerte­t wurden, zeigten, dass zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente Vermögen in Offshore-Firmen hielten – was nicht unbedingt strafbar ist. Die 11,5 Millionen Dateien umfassten E-Mails, Urkunden und Kontoauszü­ge zu 214 000 Gesellscha­ften vor allem in der Karibik.

Das ICIJ erhielt für die Enthüllung­en der „Panama Papers“2017 die höchste Auszeichnu­ng im US-Journalism­us, den Pullitzer Preis.

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BILD: SN/WIKIPEDIA Die Einwohner von Bermuda genießen einen hohen Lebensstan­dard, jedoch sind die Lebenshalt­ungskosten sehr hoch. Es gibt praktisch keine Arbeitslos­igkeit.

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