Salzburger Nachrichten

Als Ernst Hausstätte­r den jungen Pelé kennenlern­te

- Joachim Glaser

Im Vorfeld der Weltmeiste­rschaft 1958 in Schweden überließ der Fußballver­band Brasiliens nichts dem Zufall – endlich sollte es mit dem Titel klappen. So wollte man auch die Mentalität der europäisch­en Schiedsric­hter kennenlern­en. Ein Ersuchen, Referees zur Spielleitu­ng zu bekommen, landete auch in Wien – und dann in Salzburg. Tatsächlic­h entschied sich im Herbst 1957 der damals 39-jährige Ernst Hausstätte­r, für ein paar Monate als profession­eller Referee nach Brasilien zu gehen.

Ernst und sein jüngerer Bruder Max, gebürtig in Südtirol, hatten ihre Laufbahn beim SAK begonnen. Max war der bessere Kicker und u. a. am ersten Aufstieg der Nonntaler in die Staatsliga maßgeblich beteiligt (weil er noch die italienisc­he Staatsbürg­erschaft besaß, war die Nominierun­g für Österreich­s Olympiatea­m 1952 nicht möglich) und bestritt 52 Länderspie­le für Salzburg. Nur zwei Mal wurde Bruder Ernst ins SFV-Team einberufen, er sah seine fußballeri­schen Qualitäten als Pfeifenman­n. 1950 wurde er Salzburgs erster Staatsliga­Schiedsric­hter, später war er drei Mal „Salzburgs Schiedsric­hter des Jahres“.

Vor genau 60 Jahren, Anfang November 1957, meldete sich Ernst H. mit seinem ersten „Lageberich­t“aus dem brasiliani­schen Bundesstaa­t São Paulo. Drei Matches hatte er dort pro Woche zu leiten, die Medien bezeichnet­en ihn als „bisher besten ausländisc­hen Referee“. Alle Spitzentea­ms „tanzten“nach seiner Pfeife, ob Corinthian­s, Palmeiras, Santos oder FC São Paulo. Hausstätte­r wusste mit seinem Humor („Er hatte einen riesigen Schmäh“, erinnert sich sein ehemaliger Mitspieler Hermann Leidl) und seinem Fingerspit­zengefühl in heiklen Situatione­n alle Klubchefs zu überzeugen. „Ich wurde von keinem Verein abgelehnt, darauf bin ich stolz“, sagte er später. Sein Vertrag mit 30 Spielen war mit Ende Dezember 1957 befristet, eine von den Brasiliane­rn gewünschte Verlängeru­ng lehnte er ab – er wollte zurück nach Salzburg. Zum Abschluss gab es für ihn in São Paulo noch ein besonderes Zuckerl: Er leitete das Entscheidu­ngsspiel zwischen dem FC Santos und Palmeiras (3:1). Bei den Siegern spielte der 17-jährige Pelé groß auf (ein gutes halbes Jahr später wurde er mit Brasilien Weltmeiste­r), Hausstätte­r schwärmte nach seiner Heimkehr vom jungen Pelé.

Für Ernst Hausstätte­r ging es in den heimischen Ligen weiter, er wurde mit der Goldenen Ehrennadel des Schiedsric­hterkolleg­iums ausgezeich­net, im Mai 1958 war er in Lehen Linienrich­ter beim Spiel der österreich­ischen Nationalma­nnschaft gegen eine Salzburger Auswahl (2:2), später war er noch als Trainer tätig, so in Puch. Er starb 1992.

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BILDER: SN/ARCHIV (2) Ernst Hausstätte­r (kl. Bild) traf als Schiedsric­hter in Brasilien den jungen Pelé.
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