Salzburger Nachrichten

Pilz, Ollendorf und die Sache mit dem Fächer

Was Operette und Politik miteinande­r zu tun haben. Und wo sich Laune auf Posaune reimt.

- WWW.SALZBURG.COM/PURGER Alexander Purger

Nein, Österreich hat kein Glück mit seinen Namenslist­en. Erst hatten wir ein Team Stronach ohne Stronach. Jetzt kriegen wir womöglich eine Liste Pilz ohne Pilz. Da stellt sich nun natürlich die bangste aller Fragen: Wie wird das mit der Liste Sebastian Kurz?

Wobei man die Dinge auseinande­rhalten muss. Frank Stronach ist freiwillig gegangen, weil ihm die Politik keinen Spaß mehr machte. Er könne ja auch am Strand liegen und sich von vier Frauen massieren lassen, sagte er damals wörtlich. (Die Namen der vier Damen sind der Redaktion nicht bekannt.)

Peter Pilz hingegen hat, wie man unter Operetten-Liebhabern sagen würde, einen Ollendorf gebaut. Zur Erinnerung: Oberst Ollendorf ist im „Bettelstud­ent“von Carl Millöcker der Gouverneur von Krakau, der sich dem schönen Komtesserl Laura in gleichbeha­ndlungsanw­altschafts­widriger Weise nähert. Nachher versucht er die Sache herunterzu­spielen, indem er den Schlager „Ach ich hab’ sie ja nur auf die Schulter geküsst“knödelt. Empört berichtet er über die Reaktion, die er damit auslöste. Die Komtess habe ihm – „Alle Himmelmill­ionendonne­rwetter, heiliges Kanonenroh­r!“– mit dem Fächer ins Gesicht geschlagen.

So weit die völlig unglaubwür­dige Operetten-Handlung. Realistisc­h wäre es gewesen, dass Laura gar nichts tut, sondern den Vorgang unter dem Siegel der Verschwieg­enheit dem Klubvorsta­nd von Ollendorfs Partei mitteilt oder nach Ablauf einiger Jahrzehnte unter dem Häschtäg „Krakauer“via Twitter verbreitet. Aber nein, Operette halt.

Apropos: Auch die Koalitions­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ haben derzeit etwas Operettenh­aftes an sich. Wenig Handlung, dafür schöne Bilder und einschmeic­helnde Melodien. Der einleitend­e Kassasturz, bei dem die ÖVP so neugierig war, wie es in dem von ihr seit 15 Jahren verwaltete­n Budget eigentlich aussieht, endete mit der bekannten Arie aus dem „Bettelstud­ent“: „Ich hab’ kein Geld, bin vogelfrei, will aber nicht verzagen. Du, Jugendleic­htsinn, steh’ mir bei, mein Schicksal zu ertragen. Blas’ ich schon Trübsal, sapperment, tu ich’s in bester Laune, und zwar auf jedem Instrument, sogar auf der Posaune!“

Experten gehen davon aus, dass ÖVP und FPÖ diese Zeilen ihrem Koalitions­pakt als Präambel voranstell­en werden. Noch ist es aber nicht so weit. Unter dem Häschtäg „Steuerungs­gruppe“singen die Verhandler derzeit lediglich den „Bettelstud­ent“-Schlager „Ich knüpfte manche zarte Bande“. Und erst am Ende wird man flöten: „Durch diesen Kuss sei unser Bund geweiht.“– Happy End jedenfalls, wie in der Operette. Da wird der olle Ollendorf entmachtet und das Komtesserl mit dem Fächer kriegt einen Adeligen als Mann.

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