Ein Star zieht andere Saiten auf
Eigentlich wollte er sein Salzburger Sensationsgastspiel aus dem Vorjahr wiederholen. Stattdessen machte US-Gitarrenlegende Pat Metheny aus einer Not eine fulminante Tugend.
Ein bisschen sah es so aus, als wäre er zwischendurch gar nie weg gewesen. Das liegt an ein paar einprägsamen Kennzeichen, die fest zum Ritual eines jeden PatMetheny-Konzertes gehören. Nicht nur sein luftig schwebender Gitarrensound hat Wiedererkennungswert. Auch die Wuschelfrisur und sein Ringel-T-Shirt sind für Déjàvu-Erlebnisse gut.
Tatsächlich aber ist es schon wieder eineinhalb Jahre her, dass Pat Metheny in Salzburg sein Sensationsgastspiel gab. Zwischen Festivalterminen und Konzerten in großen Hallen schob er 2016 einen einmaligen Termin im kleinen Jazzit:Musik:Club ein. Die Besucher jubelten. Metheny und sein Quartett waren ebenfalls begeistert – und versprachen, wiederzukommen.
Deshalb konnte am Sonntagabend auch Pat Metheny von einem Déjà-vu-Erlebnis berichten: „Waren wir nicht eben erst hier?“, fragte er launig in den bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Club. Immer noch ist der US-Gitarrenstar auf seiner umfangreichen Welttour „An Evening With Pat Metheny“unterwegs. Erneut plante er zwischen Stationen wie der Hamburger Elbphilharmonie und der Münchener Philharmonie einen intimen Clubabend im Jazzit ein. Wieder war das Konzert seit Monaten ausverkauft. Nur eines war diesmal anders.
Für eine Wiederholung des Konzerts im Quartett fehlte ein Mitspieler: Pianist Gwylim Simcock musste wegen Handproblemen die Tour unterbrechen. Für Salzburg bedeutete das allerdings keine Absage, sondern eine Weltpremiere.
„Wir nutzen die Gelegenheit, um die Songs erstmals in dieser Triobesetzung zu spielen“, sagte Metheny. Für puristische Fans des US-Musikers, der dank immer wieder poppig-eingängiger Songs nicht nur im Jazz seinen Star-Status seit vier Jahrzehnten pflegt, bedeutete dies: noch mehr staunenswerte AkkordArbeit des Meisters auf dem Griffbrett, noch mehr ausgeklügelte Gitarrensoli und innigstes Zusammenspiel in der Kern-Besetzung.
Eine All-Star-Formation ging sich ja auch im Trio aus, wenn die Mitspieler Antonio Sanchez und Linda Oh heißen. Dass der Chef für diese Konstellation viele Songs aus früheren Karrierekapiteln aussuchte, kam für Metheny-Puristen einer vorgezogenen Bescherung gleich.
Was Jazz- und Popfans unterscheidet, war zwischendurch am Verkaufsstand zu sehen: Bei einem Stones-Konzert gibt es Feuerzeuge und Aufnäher für die Lederjacke zu kaufen, bei Metheny Notenbücher mit gitarristischen Aufwärmübungen für die im Publikum zahlreich vertretenen Fachbesucher.
Auch sie kamen auf ihre Kosten: Zwischen Jazzgitarre und einer 42saitigen Spezialanfertigung namens „Pikasso“, zwischen Gitarrensynthesizer und verzerrten Ausflügen in Noise-Improvisationen ließ Metheny keine Klangfarbe und kaum eine Schaffensphase aus. Zwischen den Songs konnte man ihn zufrieden nicken sehen.
Innige Draufgabe des intimen Konzertabends: Ein solistisches Medley auf der klassischen Gitarre, das mit „Phase Dance“begann und mit „This Is Not America“, dem gemeinsamen Hit von Metheny mit David Bowie, ausklang.
Nach zweieinhalb Stunden schloss er weitere Déjà-vus für die Zukunft nicht aus: „Vielleicht kommen wir wieder“, sagte Pat Metheny. Die Zeit bis dahin lässt sich verkürzen: Immerhin kommt diese Woche noch eine Gitarrenlegende nach Salzburg: Ralph Towner gastiert im Odeion (s. Kasten rechts).
„Vielleicht haben Sie ja Lust auf eine Weltpremiere?“