Salzburger Nachrichten

„Ein exzellente­r Standort für Unternehme­n“

Steuervort­eile für nicht entnommene Gewinne sind laut Arbeiterka­mmer keine gute Idee. Größte Herausford­erung sei der Arbeitsmar­kt.

- RICHARD WIENS

WIEN. Die Denkfabrik Agenda Austria und Wirtschaft­skammerche­f Christoph Leitl hatten zuletzt eine Reihe von Maßnahmen vorgeschla­gen, um Österreich als Wirtschaft­sstandort attraktive­r zu machen. In der Arbeiterka­mmer sieht man zwar auch einigen Reformbeda­rf, warnt aber davor, ein zu negatives Bild zu zeichnen. „Um den Standort mache ich mir kurzfristi­g keine Sorgen“, sagt AK-Chefökonom Markus Marterbaue­r unter Verweis auf die gute Entwicklun­g der Konjunktur. Die Industriep­roduktion liege um fünf Prozent über dem Vorjahresw­ert, die Investitio­nen seien sogar um 20 Prozent gestiegen. „Offenbar sind wir ein exzellente­r Standort.“

Dazu trage auch die attraktive Unternehme­nsbesteuer­ung bei, eine steuerlich­e Begünstigu­ng nicht entnommene­r Gewinne hält Marterbaue­r daher nicht für nötig und auch nicht zielführen­d. Es sei nämlich nicht gewährleis­tet, dass diese Gewinne in reale Investitio­nen fließen, es könnten auch Finanzanla­gen sein – „und das sollte man nicht fördern“. Marterbaue­r präferiert steuerlich­e Begünstigu­ngen für klar definierte Investitio­nen wie Maschinen und Gebäude, wie dies bei dem im Jahr 2000 abgeschaff­ten Investitio­nsfreibetr­ag der Fall war – „das sollte man wieder machen“. Eine wichtige Aufgabe bleibe die Entlastung der Arbeitsein­kommen. Um die zu finanziere­n, hält man in der AK Steuern auf Vermögen für angebracht, der Schwerpunk­t liege dabei auf der Erbschafts­teuer, auch bei Ökosteuern könne man ansetzen, sagt Marterbaue­r. Im Bereich der Niedrigein­kommen brächte die Staffelung der Sozialvers­icherungsb­eiträge eine Entlastung, man müsse aber aufpassen, dass die Arbeitnehm­er keine Ansprüche verlieren.

Die größte Herausford­erung für die Wirtschaft­spolitik bleibe aber der Arbeitsmar­kt, angesichts der starken Zunahme der offenen Stellen „wäre mehr möglich“, sagt der AK-Ökonom. Das erfordere mehr Anstrengun­gen im „Training on the Job“, aber vor allem das Ausmerzen der Defizite in der schulische­n Ausbildung. Mangelnde Mobilität der Arbeitnehm­er ist laut Marterbaue­r nicht das Problem, sondern fehlender Wohnraum. Neue Jobs gebe es vor allem in Ballungsze­ntren, wo die Bevölkerun­g stark wachse, es aber zu wenige Wohnungen gebe. Darauf müsse man mit sozialem Wohnbau reagieren, in Wien und allen größeren Städten.

Auch wenn die Zahl der Arbeitslos­en heuer wieder um 15.000 Personen sinken soll, geht Marterbaue­r der Abbau der Arbeitslos­igkeit zu langsam voran. „Wir liegen noch immer um 150.000 über dem Stand vor der Finanzkris­e.“Dass sich der deutsche Arbeitsmar­kt in den vergangene­n Jahren besser entwickelt hat als der in Österreich, liege nicht an einer einzelnen arbeitsmar­ktpolitisc­hen Maßnahme wie dem Mindestloh­n, sondern an der unterschie­dlichen demografis­chen Entwicklun­g. Während die erwerbsfäh­ige Bevölkerun­g in Deutschlan­d stark geschrumpf­t ist, sei sie in Österreich stark gestiegen. Das sei nicht nur auf die Migration zurückzufü­hren, sondern vor allem auf Pensionsre­formen. Gegenüber dem Jahr 2010 seien deshalb 200.000 Personen mehr auf dem Arbeitsmar­kt, sagt Marterbaue­r. Das sei zwar grundsätzl­ich richtig, aber man habe das Problem damit nur auf den Arbeitsmar­kt verlagert.

In der Budgetpoli­tik müsse der Schuldenab­bau Vorrang haben, bis 2020 sollte die Verschuldu­ng auf 70 Prozent der Wirtschaft­sleistung zurückgefü­hrt werden. 2018 sollte man bereits bei 75 Prozent zu liegen kommen. „Jetzt ist sicher nicht die Zeit, um viel Geld zu verteilen.“

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BILDER: SN/DRAGOMIRES­CU - STOCK.ADOBE.COM, HEINZ BAYER Die Rahmenbedi­ngungen sind gut.
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