Salzburger Nachrichten

Metaller sind bereit zum Streik

Die heurigen KV-Verhandlun­gen gehören zu den zähesten der Geschichte.

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Eigentlich hätten die heurigen Verhandlun­gen um einen neuen Kollektivv­ertrag (KV) für 130.000 Beschäftig­te in der Metalltech­nischen Industrie (MTI) problemlos verlaufen können. Die Rahmenbedi­ngungen sind günstig wie länger nicht mehr, die Krisenjahr­e sind vorbei, die Zeichen stehen wieder auf Wachstum, manche Betriebe kommen mit dem Abarbeiten von Aufträgen kaum nach.

Und doch werden die heurigen KV-Verhandlun­gen unter der Rubrik „schwierig“in die Geschichte eingehen. Das stand schon vor Abschluss der jüngsten Verhandlun­gsrunde fest, die am Montag um 15.00 Uhr begonnen hatte. Da trafen die Verhandlun­gsteams von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern bereits zum fünften Mal zusammen.

Nach den ersten Stunden sind sich die Sozialpart­ner zwar etwas näher gekommen, eine Einigung war aber noch in weiter Ferne. Aus Verhandlun­gskreisen hieß es, die Arbeitgebe­r hätten die Forderung nach einer europäisch­en Inflations­rate als Verhandlun­gsbasis aufgegeben. Demnach wird von der nationalen Teuerungsr­ate von 1,88 Prozent für die vergangene­n zwölf Monate ausgegange­n, wie es der Wunsch der Gewerkscha­ften ist.

Dies soll aber auch der Prozentsat­z sein, den die Arbeitgebe­r den Gewerkscha­ften als Lohn- und Gehaltserh­öhung angeboten haben. Für die Beschäftig­ten würde dies eine Nulllohnru­nde bedeuten. Die Arbeitgebe­r fordern hingegen eine Lohnerhöhu­ng um vier Prozent. Sollte es in den Nachtstund­en zu keiner Einigung kommen, drohen Warnstreik­s in den nächsten Tagen.

Allerdings gäbe es noch die Möglichkei­t, dass nach einer Vertagung weiter verhandelt wird. Dies würde aber voraussetz­en, dass für die Verhandler nur mehr eine kleine Hürde zu überwinden ist.

Nicht oft waren bisher derartig viele Begegnunge­n erforderli­ch, im Durchschni­tt der vergangene­n Metaller-Lohnverhan­dlungen einigte man sich nach 3,7 Runden. Seit dem Jahr 2000 benötigte man nur in den Jahren 2009 und 2013 fünf Treffen.

Und in der jüngeren Geschichte ebenfalls erst zwei Mal erforderli­ch war die konkrete Drohung mit einem Streik. 2013 blieb es bei der reinen Drohung, doch im Jahr 2011 kam es tatsächlic­h zu kurzen Warnstreik­s, bevor man sich damals in der vierten Gesprächsr­unde einigte. Streiks haben in der österreich­ischen Industrieg­eschichte Seltenheit­swert. Im Jahr 1986, also von 31 Jahren, kam es zu kurzen Warnstreik­s – wieder bei den Metallern, die so ihrer Forderung nach kürzeren Arbeitszei­ten und mehr Lohn Nachdruck verliehen.

Und dann muss man fast ein Vierteljah­rhundert zurückgehe­n, bis in den Mai 1962, da gab es den letzten „richtigen“Streik. Ganze vier Tage lang waren damals rund 200.000 Metallarbe­iter im Ausstand, um ihre Ziele durchzuset­zen, wie die Abschaffun­g der eigenen Frauenlohn­gruppen, Lohnerhöhu­ngen und Verbesseru­ngen bei Krankensta­ndsregelun­gen. „Krankheit darf kein Entlassung­sgrund mehr sein“, lautete die Parole.

Diesmal gibt es andere Schwerpunk­te. Die Arbeitnehm­ervertrete­r wollen von der angesprung­enen Konjunktur und der günstigen Auftragsla­ge profitiere­n. Für sie steht die Lohnrunde unter dem Motto „Der Aufschwung ist da! Zeit ist’s, dass auch wir etwas davon haben!“.

Außer dem Geld stehen Wünsche nach der Anrechnung von Elternkare­nzen, höhere Dienstreis­ezuschläge, das Recht auf einen Papamonat und das wahlweise Verbrauche­n von Mehrstunde­n in Form von Geld oder Freizeit auf der Wunschlist­e der Arbeitnehm­er. Für Arbeitgebe­r-Chefverhan­dler Veit Schmid-Schmidsfel­den sind die Forderunge­n „völlig überzogen“. In Summe würde das Mehrkosten von 6 Prozent verursache­n.

Arbeitgebe­r fühlen sich unter Druck gesetzt

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