Stefan Kraft fliegt auf Kristall
Der Seriensieger der vergangenen Saison verfolgt auch im Olympiawinter hohe Ziele.
SALZBURG. Stefan Kraft sah sich in der vergangenen Woche mit einer für ihn ungewohnten Rolle konfrontiert. Der Seriensieger im Springerzirkus stand bei der Wahl zu Österreichs Sportler des Jahres ausnahmsweise einmal nicht ganz oben, er wurde hinter Skistar Marcel Hirscher Zweiter. „Ich kann auch damit ganz gut leben“, sagte Kraft, der den Galaabend in Wien gemeinsam mit seiner Freundin Marisa Probst besuchte.
Aber der 24-jährige Pongauer wäre ein schlechter Spitzensportler, wenn er nicht immer nach dem Höchsten streben würde, sprich Platz eins. Zum Sportler des Jahres könnte Kraft 2018 gewählt werden. Etwa als Olympiasieger. Oder als Skiflug-Weltmeister. Oder als neuerlicher Gesamtweltcupsieger. Die Ziele gehen dem Doppelweltmeister von Lahti, Skiflug-Weltrekordler (253,5 m) und Gesamtweltcupsieger der Saison 2016/17 jedenfalls nicht aus. „Ich bin voll fit, hatte einen super Sommer und musste kein einziges Training wegen Krankheit oder Verletzung auslassen“, erzählt Kraft, für den es nicht bald genug losgehen kann. „Jetzt brennt es schon. Ziel ist es, wieder ganz vorn hineinzuspringen. Letzte Saison ist mir alles aufgegangen. Das zu wiederholen, möchte ich mir auch selbst beweisen“, sagt die Nummer eins im ÖSV-Springerteam.
Besonderen Druck verspüre er deshalb keinen, was ihn zumindest in dieser Rubrik auf eine Stufe mit Marcel Hirscher stellt. „Mit dem öffentlichen und dem eigenen Erwartungsdruck kann ich ganz gut um- gehen. Das weiß ich und habe ich auch schon gezeigt.“Kraft fliegt also auch im kommenden Winter auf Kristall, was er vor Kurzem bei einem Besuch in den Swarovski-Kristallwelten in Wattens auch bildhaft unter Beweis stellte. Oder stünde doch ein Olympiasieg über allen anderen Erfolgen? „Das kann man nicht gegeneinander aufrechnen. Ich gehe von Highlight zu Highlight, und will mitnehmen, was geht“, sagt der Salzburger.
Die erste Weltcupstation der neuen Saison bildet am 18. und 19. November Wisla – und das ist ganz nach dem Geschmack von Kraft, hält er dort doch den Schanzenrekord. „139 Meter“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. „Eine geile Schanze, und ein tolles Publikum“, ergänzt Kraft mit Blick auf den ausverkauften Weltcupstart im skisprungverrückten Polen.
Doch den Fokus immer nur auf das Skispringen gerichtet zu haben, das nagt an der Unbeschwertheit, die in diesem feinfühligen Sport so wichtig ist. Wer verkrampft, springt der immer dichter werdenden Weltspitze hinterher. Und deshalb entschied sich Stefan Kraft nach der Sportgala in Wien, gemeinsam mit seinem Kumpel Michael Hayböck zu einem Sightseeing-Trip nach London aufzubrechen. Ein Besuch beim Fußball durfte dabei nicht fehlen, Tottenham schlug Crystal Palace 1:0. Tags zuvor verfolgte Fußballfan Kraft den 3:1-Sieg „seines“FC Bayern gegen Borussia Dortmund im Liveticker. Die Münchner stehen in der Tabelle seit einer Woche wieder dort, wo Stefan Kraft in den kommenden Wintermonaten hinwill: auf Platz eins.