Niedrige Zinsen sind eine Vermögenssteuer
Zu „Die Irrfahrt der Jungkoalitionäre auf der Suche nach dem Loch“von Ronald Barazon (SN vom 2. 11. 2017).
Ich kann Herrn Barazon beruhigen. Die Europäische Zentralbank wird die Zinsen zunächst einmal gar nicht anheben und wenn sie es vielleicht 2019 tut, dann in ganz kleinen Schritten. Anderenfalls würden nicht nur die meisten Staaten, sondern auch viele Unternehmen in die Insolvenz schlittern. Da Staatsanleihen meist eine lange Laufzeit haben, in Österreich bis zu 100 Jahre (!), wird sich eine Zinserhöhung auch nur ganz allmählich auswirken. Bis dahin ist längst die nächste Regierung in der Verantwortung. Uns Sparer allerdings kann das nicht freuen. Auch wenn man zugeben muss, dass die Realzinsen (Zinsen – Inflation) auch in der Vergangenheit oft negativ gewesen sind, so sind Negativzinsen per se eine Art Vermögenssteuer, die in einer Art undeklarierten Transferunion das Geld der Sparer in die Töpfe vor allem der europäischen Südstaaten spült.
Was die gut versteckten Löcher im Staatshaushalt angeht, so hätte ich einen kleinen Tipp: die Forschungsförderung. Nach einer Schätzung der Statistik Austria wird die österreichische Forschungsquote 2017 3,14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Der öffentliche Sektor trägt 4,08 Milliarden Euro dazu bei. Die durchschnittliche Forschungsquote der EU-28 beträgt 2,03 Prozent. Österreich ist mit 3,14 Prozent auf Platz zwei in Europa.
Auf dem Papier sind wir also Vizemeister, in der Realität sehe ich beachtliche Produktivitätsreserven, auch wenn die Forschungsförderung so etwas wie der heilige Gral des Fortschritts ist. Zehn Prozent Einsparungen sollten durch die Abschaffung von Doppelförderungen und Konzentration auf Kernbereiche möglich sein. Das macht dann schon 400 Millionen Euro für den Staatshaushalt.
Für weitere Vorschläge zu Einsparungen lesen Sie bitte den Bericht des Rechnungshofs. Martin Bremer