Immobilienmarkt bleibt dynamisch
Wohnraum ist und bleibt der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zufolge ein sehr attraktiver Anlagebereich.
Seit Mitte der 2000er-Jahre entwickelt sich der österreichische Immobilienmarkt sehr dynamisch. Im Zeitraum von 2008 bis 2016 sind die Preise für Wohnimmobilien – ausgehend vom niedrigen Niveau – laut einem OeNB-Bericht um 56 Prozent gestiegen. Die aktuelle Entwicklung in Österreich unterscheidet sich jedoch deutlich von der krisenhaften Entwicklung in einigen anderen Ländern des Euroraums in den vergangenen Jahren, wo die Preisanstiege von einem starken Anstieg der Hypothekarkreditvergabe begleitet waren und das Platzen der Immobilienpreisblasen zu Verwerfungen im Finanzsektor führte.
Die Immobilienpreissteigerungen übertrafen im Jahr 2016 mit 7,3 Prozent die Werte der vorangegangenen drei Jahre, in denen die Preise durchschnittlich um 4,1 Prozent gestiegen waren. Im ersten Halbjahr 2017 beruhigte sich der Preisauftrieb jedoch wieder (+3,0 Prozent).
Die Preisanstiege in Österreich sind – wie der OeNB-Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien zeigt – größtenteils durch fundamentale Faktoren erklärbar.
Die demografische Entwicklung der letzten Jahre beispielsweise führte zu einem Anstieg der Nachfrage nach Wohnraum. Das Niedrigzinsumfeld erhöht deren Attraktivität als Anlageform. Das Wachstum der Kreditvergabe ist in Österreich moderat. Im Jahr 2016 stiegen die Wohnbaukredite an private Haushalte um 4,0 Prozent; im ersten Halbjahr 2017 lag die Dynamik mit +4,2 Prozent nur geringfügig darüber.
Die Verschuldung der österreichischen Haushalte ist mit 52,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2016 im internationalen Vergleich niedrig und stabil. Im letzten Jahrzehnt war ein hoher Anteil der Wohnbaukredite in Fremdwährungen (in erster Linie Schweizer Franken) aufgenommen worden. Das damit verbundene Währungsrisiko ist jedoch rückläufig, da der Anteil von Fremdwährungskrediten an den gesamten Wohnbaukrediten inzwischen stark zurückgegangen ist. Gleichzeitig reduziert sich derzeit das Zinsänderungsrisiko der neu aufgenommenen Wohnbaukredite. Der Anteil variabel verzinster Kredite (Zinsbindungsfrist bis ein Jahr) am Neukreditgeschäft sank von 84 Prozent im Jahr 2014 auf 53 Prozent im ersten Halbjahr 2017. Daten aus dem Household Finance and Consumption Survey zeigen zudem eine im internationalen Vergleich hohe Schuldentragfähigkeit der österreichischen Haushalte. Bedingt durch die Bedeutung des Mietmarktes sind die österreichischen Haushalte von Immobilienpreisentwicklungen schwächer betroffen als in den meisten EU-Ländern.
Wachsende Herausforderungen
Die Ergebnisse einer OeNB-Umfrage zur Neuvergabe von Hypothekarkrediten ergaben zunehmende Herausforderungen für die Finanzmarktstabilität (siehe auch nächste Seite). Um einen Wandel hin zu riskanteren Kreditvergabestandards hintanzuhalten und um Systemrisiken im Zusammenhang mit dem Wohnimmobilienmarkt zielgerichtet begegnen zu können, hat am 29. Juni 2017 der Nationalrat die Einführung makroprudenzieller, das heißt systembezogener Instrumente zur Begrenzung systemischer Risiken aus der Immobilienfinanzierung beschlossen. Die Instrumente setzen Mindestanforderungen an Kreditvergabestandards und umfassen unter anderem Begrenzungen der Beleihungsquote, der Schuldendienstquote, der Schuldenquote und der Laufzeiten. Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) empfiehlt den Einsatz dieser Instrumente.
Derzeit sieht das Gremium keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, unterstreicht aber seinen Aufruf an die Banken, weiterhin auf die Nachhaltigkeit bei der Neukreditvergabe zu achten. Die OeNB wird die Entwicklungen der Beleihungsquoten, Schuldenquoten und die Schuldendienstquoten bei Hypothekarkrediten beobachten und gegebenenfalls Handlungsnotwendigkeiten aufzeigen.