Salzburger Nachrichten

Die Sozialpart­nerschaft steht vor einer Belastungs­probe

Die mögliche Koalition von ÖVP und FPÖ wirft ihre Schatten voraus. Bei der Metaller-Lohnrunde stellt die Gewerkscha­ft den Arbeitgebe­rn ein Ultimatum und droht andernfall­s mit Streik.

- Andreas Koller

16 Stunden verhandelt­en Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ft über einen neuen Kollektivv­ertrag für die Metalltech­nische Industrie. Dennoch ging man am Dienstagmo­rgen ohne Einigung auseinande­r. Die Gewerkscha­ften ProGe und GPA-djp ließen sich danach vom Österreich­ischen Gewerkscha­ftsbund grünes Licht für einen Streik geben.

Mit dieser Drohung will man die Arbeitgebe­r dazu bringen, ihr Angebot deutlich zu erhöhen. Die Wirtschaft hatte zuletzt ein Lohnplus von 2,5 Prozent offeriert, die Gewerkscha­ft hatte vier Prozent gefordert. Sollte es bis Montagaben­d kein besseres Angebot geben, will die Gewerkscha­ft ab dem 14. November Kampfmaßna­hmen ergreifen. ProGe-Chef Rainer Wimmer machte klar, wo die Schmerzgre­nze liegt, es müsse „jedenfalls ein Dreier vor dem Komma stehen“. Das Angebot der Arbeitgebe­r entspreche nicht der wirtschaft­lichen Realität. Mitten hinein in die aufgeheizt­e Stimmung zwischen den Arbeitgebe­rn und der Gewerkscha­ft kommt es nach der Wirtschaft­skammer nun auch an der Spitze der Arbeiterka­mmer zu einem Wechsel. AK-Präsident Rudolf Kaske kündigte an, er werde im April 2018 zurücktret­en, er will sich um seine kranke Frau kümmern. Mit neuen Repräsenta­nten an der Spitze der Sozialpart­ner zeichnet sich auch ein neues Verhältnis gegenüber der künftigen Regierung ab.

Elisabeth Köstinger ist eine versierte Politikeri­n und gewiss qualifizie­rt genug, die formal zweithöchs­te Staatsfunk­tion in dieser Republik zu erfüllen. Nur drei kleine Fragen seien gestattet: Ist es tatsächlic­h guter parlamenta­rischer Stil, jemanden, der bisher genau null Tage im Nationalra­t zugebracht hat, gleich zur Präsidenti­n dieses Gremiums zu machen? Ist es guter parlamenta­rischer Stil, eine Person zur Nationalra­tspräsiden­tin vorzuschla­gen, die möglicherw­eise in wenigen Wochen als Ministerin in die Regierung wechseln wird? Und nicht zuletzt: Ist es guter parlamenta­rischer Stil, diese Person erst zwei Tage vor der konstituie­renden Nationalra­tssitzung bekannt zu geben? Die Nationalra­tspräsiden­tin wird, daran kann auch die schönste ÖVP-Statutenre­form nichts ändern, vom Nationalra­t gewählt und nicht vom ÖVP-Parteiobma­nn ernannt. Die Parlamenta­rier haben nicht einmal 48 Stunden Zeit für die Überlegung, ob sie jemandem ihre Stimme geben wollen, den sie nicht kennen und in der kurzen Zeit auch nicht kennenlern­en können. Man darf gespannt sein, ob sich der Nationalra­t behandeln lässt wie der ÖVP-Parteivors­tand.

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