Berlusconi ist zurück
Der frühere Premierminister nutzt die Regionalwahl in Sizilien für seine Rückkehr in die italienische Politik. Ein Vorspiel für die nationale Parlamentswahl 2018?
Die mit ungewöhnlicher Spannung erwartete Regionalwahl in Sizilien hat die Ausgangspositionen für die italienische Parlamentswahl im Frühjahr 2018 stark verändert. Die Rechte hat – unter Beteiligung des wiederauferstandenen Silvio Berlusconi – einen in seiner Höhe unerwarteten Sieg davongetragen. Die populistische Fünf-SterneBewegung (M5S), vor Monaten den Gewinn fast sicher vor Augen, kann nach der Wahl vom Sonntag nun doch nicht den Präsidenten der autonomen Region stellen. Eine krasse Niederlage haben die in Rom regierende Mitte-links-Partei Partito Democratico (PD) und ihre linken Abspaltungen und Konkurrenten erlitten. Jetzt müssen unter Druck neue Strategien entwickelt und auch neue Bündnisse geschlossen werden.
Ein für Dienstagabend vorgesehenes TV-Duell zwischen Luigi Di Maio, dem 30-jährigen Spitzenkandidaten der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), und Matteo Renzi, dem PDChef und Ex-Ministerpräsidenten, hat der jugendliche Herausforderer abgesagt. Di Maio hat vor der Auseinandersetzung mit dem scharfzüngigen Renzi wohl deshalb gekniffen, weil seine Strategie nicht aufgegangen ist, in Sizilien einen unaufhaltsamen nationalen Durchmarsch zu beginnen. Seine von dem Komiker Beppe Grillo gegründete Anti-System-Bewegung rechnete wohl damit, dass auf der großen Insel der Widerwille der Wähler gegen ein verkrustetes System, Korruption und Bürokratie besonders ausgeprägt ist. Das hat gerade einmal dazu gereicht, dass die Cinque Stelle (M5S) zwar mit 26,7% ihre Stellung als stärkste Einzelgruppierung behalten konnten, aber ihr Spitzenkandidat Giancarlo Cancelleri blieb um mehr als fünf Prozent hinter dem rechten Sieger.
Die Cinque Stelle sind bisher weder koalitionsfähig noch koalitionswillig, sodass ihre Bäume mit dem in Sizilien erzielten Ergebnis auch auf nationaler Ebene nicht in den Himmel wachsen können. Zwar gibt es inhaltlich in Sachen Migration, Europa oder innere Sicherheit mit der sehr rechten Lega – neuerdings nicht mehr Lega Nord – deutliche Übereinstimmungen. Aber ein eventuelles Feeling füreinander zu äußern können sie sich wegen unterschiedlicher Wählerklientel nicht leisten, jedenfalls noch nicht.
Statt für das im M5S-Sinne Neue haben sich 40% der sizilianischen Wähler für das ganz Alte entschieden und den 62-jährigen Nello Musumeci, seit früher Jugend bis zur Wende 1995 bei den Neofaschisten aktiv, zum Präsidenten der Region gewählt. Musumeci war der Kandidat eines heterogenen rechten Bündnisses, das von Silvio Berlusconis Forza Italia bis zur Lega von Matteo Salvini und zu den Fratelli d’Italia (FdI) von Giorgia Meloni reicht und in dieser Formation 2018 im ganzen Land an die Macht kommen möchte. Die Wähler haben sich offensichtlich nicht daran gestört, dass auf den Listen dieses Bündnisses einige „Impresentabili“, etwa von der Justiz Verfolgte, kandidierten – und dass hier sehr unterschiedliche Vorstellungen über die politische Richtung herrschen.
Der 81-jährige Berlusconi, der immer mehr wie sein eigenes in Holz geschnittenes Monument wirkt, hat mit der Schwächung der Linken und der Stärkung der Rechten in den vergangenen Monaten wieder eine zentrale politische Rolle erlangt. Er ist als verurteilter Straftäter nicht mehr wählbar, solange der von ihm angerufene Europäische Menschengerichtshof nicht seine Rechte zurückgibt. Aber er ist der, der zum Ärger seiner Partner, so eine italienische Redeweise, „die Karten ausgibt“. Allerdings den Kandidaten Musumeci zu akzeptieren, wurde ihm aufgezwungen. Jetzt nach dessen Sieg urteilt er sehr verwegen, es sei „der Sieg der Moderaten“. Seine rechte Partnerin Meloni kontert, „in der Mitte“würden keine Wahlen gewonnen. Und Salvini, der gern Regierungschef werden möchte, ärgert sich, dass Berlusconi schon Ministerämter aufteilt – lange bevor es Wahlkreise gibt.
Auf der anderen Seite ist Matteo Renzi krachend gescheitert, seine Partei PD zur Mitte zu öffnen. Dort hat er nichts gewonnen, aber ein großer Teil der PD-Linken hat sich abgespalten und will mit Renzi nichts mehr zu tun haben. Wenn es nicht gelingt, Mitte-links und Links in einer Allianz zu verbinden, droht im kommenden Frühjahr dasselbe Debakel wie jetzt in Sizilien. Das scheint die streitenden Gruppierungen wenig zu beeindrucken, wenigstens bis jetzt nicht.