Salzburger Nachrichten

Die Schwedenbo­mben-Papers: Kulinarisc­h und historisch betrachtet

Für die einen ist es ein mit Schokolade überzogene­r Eiweißscha­um. In Wahrheit aber ist es ein Thriller namens „Kolumbus-Code“.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Die Paradise Papers brachten Ungeheures ans Tageslicht: Unsere süßen Schwedenbo­mben sind ein internatio­nales Geflecht. Man hätte den Braten schon vor Jahren riechen können. Sie erinnern sich: Da wurde heftig darüber diskutiert, ob Negerküsse politisch korrekt sind. Dabei war der Negerkuss schon eine liebevolle­re Übersetzun­g von „Tête de nègre“(Negerkopf). So hieß der mit Schokolade überzogene Eiweißscha­um im 19. Jahrhunder­t in Frankreich, wo er erfunden wurde. Das französisc­he „nègre“kommt ja vom lateinisch­en „niger“. Und das heißt nicht mehr und nicht weniger als – richtig geraten – „schwarz“.

Womit wir beim Schwarzgel­d und Steueroase­n wären. Oder zumindest bei undurchsic­htigen Geschäftsm­odellen wie bei den Schwedenbo­mben von Niemetz mit Sitz in Wien. Diese Firma wurde ja von der Heidi Chocolat Suisse AG mit Sitz im Kanton Zug gerettet. Diese Schweizer AG wiederum ist im Besitz der Kex Confection­ary SA mit Sitz in Rumänien. Von der rumänische­n Firma gehören 99,99 Prozent der Kex Confection­ary LP. Die befindet sich auf Malta. Jetzt werden Sie sich fragen: Wo ist der Rest der 100 Prozent? Ganz einfach: 1999 Anteile sind bei der der Oryxa Capital LP auf den Cayman-Inseln gelandet.

Bleibt noch ein Anteil (als Zahl: 1 Anteil) übrig sowie 0,01 Prozent. Über den einen Anteil an der Oryxa Capital LP verfügt eine ebenfalls auf den Cayman-Inseln ansässige Firma namens Oryxa Capital Limited. Die kontrollie­rt auch noch 0,01 Prozent der rumänische­n Kex Confection­ary SA. Alles klar?

Jetzt denken Sie vielleicht: Das ist ein Wirtschaft­sthema. Was kümmert das die Teufelsküc­he? Da haben Sie recht. Aber die Zusammenhä­nge sind komplexer, als die meisten denken: Wenn etwa ein Bayer sagt, dass er in die Wirtschaft geht, dann will er ins Gasthaus. Er hat also Durst und Hunger. Kurz: Er will genießen. Und auf dieses Bedürfnis nach Genuss gehen auch die Steueroase­n in der Karibik zurück. Sogar die USA samt ihrem Fast Food sind nur dem verschacht­elten Streben Europas nach Genuss zu verdanken: Kolumbus war ja ein Italiener, der im Auftrag von Spanien 1492 unabsichtl­ich Amerika entdeckte – sich aber in Indien wähnte. Nach Indien wollte er wegen der Gewürze. Da sieht man, was herauskomm­t, wenn man nur ans Essen denkt.

Gestalten wir also in Zukunft unsere Handlungen so klar wie möglich. Schon Nietzsche wusste: „Wer sich tief weiß, bemüht sich um Klarheit. Wer der Menge tief scheinen möchte, bemüht sich um die Dunkelheit.“

Womit wir zum Schluss wieder bei Schwarz angelangt wären und der Erkenntnis: Vom pazifistis­chen Standpunkt her ist mir ein Negerkuss viel lieber als eine Schwedenbo­mbe.

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