Salzburger Nachrichten

Was Schwarz-Blau mit dem ORF vorhat

ÖVP/FPÖ wollen den ORF neu aufstellen. Ein Verhandler ist sich schon sicher: Die Zeit von Alexander Wrabetz als alleiniger Chef ist abgelaufen.

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WIEN. Den ORF privatisie­ren. Die Landesstud­ios zusperren. Oder zumindest die Gebühren abschaffen. Es waren harte Töne, die im Wahlkampf zu hören waren – von nahezu allen Parteien. Doch schon in den Tagen direkt vor der Wahl wurden die Töne weicher. Und mittlerwei­le ist nur noch ein Grundrausc­hen zu hören. Freilich sind die Koalitions­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ ein Grund: „Es ist vereinbart, dass während der Koalitions­gespräche nicht über die Medien verhandelt wird“, lässt etwa ÖVP-Medienspre­cher Gernot Blümel über sein Büro ausrichten. Auch der medienpoli­tischen Diskussion wolle man nicht vorgreifen.

Ein eigener Verhandlun­gsausschus­s befasst sich mit der heimischen Medienpoli­tik – und somit wohl zuvorderst mit dem ORF. Denn in einem Punkt sind sich die Parteien einig: Der Rundfunk muss reformiert werden. Und dafür soll das ORF-Gesetz adaptiert werden. Von Vertretern aller Großpartei­en wurde den SN bestätigt, dass ein neues ORF-Gesetz kommen soll.

Auch der Salzburger ORF-Stiftungsr­at Matthias Limbeck rechnet mit einer Novelle – und zwar im kommenden Jahr. Eine Umsetzung sei aber erst 2019 realistisc­h.

Doch wie soll der ORF neu nun aussehen? Der ÖVP-nahe Limbeck fordert, dass der heimische Rundfunk „zukunftsor­ientierter aufgestell­t wird“– vor allem im Digitalber­eich. Und das sei mit einem Alleingesc­häftsführe­r nur schwer zu bewerkstel­ligen. Der ORF habe mit Alexander Wrabetz zwar einen von Limbeck „absolut akzeptiert­en“Generaldir­ektor. Doch dieser sei „überlastet“: „Deshalb müssen wir darüber reden, ob es nicht nötig wäre, drei bis fünf Geschäftsf­ührer zu installier­en, um profession­eller agieren zu können.“Dabei könne dem Generaldir­ektor ein Dirimierun­gsrecht eingeräumt werden, also die Entscheidu­ng bei Stimmengle­ichstand.

Das Argument, dass durch eine aufgestock­te Führungsri­ege mehr (Personal-)Kosten anfallen würden, lässt Limbeck nicht gelten. „Es gibt ja schon vier Zentraldir­ektoren (für Finanzen, Programm, Radio und Technik, Anm.). Diese könnte man eine Ebene nach oben heben.“

Eine andere Idee aus ÖVP-Kreisen ist, die Geschäftsf­ührung um den Posten eines Informatio­nsdirektor­s zu erweitern. Und auch konkrete Namen werden schon gehandelt, etwa Lisa Totzauer, derzeit Info-Chefin von ORF eins, und Christoph Takacs, aktuell Direktor des Salzburger Landesstud­ios. Während sich Takacs „nicht zu Spekulatio­nen äußern will“, wird Matthias Limbeck da schon deutlicher: „Das ist für mich kein Thema.“

Heinz Lederer, Leiter des SPÖFreunde­skreises im ORF-Stiftungsr­at, geht hingegen davon aus, dass die Führungsri­ege „organisato­risch so bleibt, wie sie jetzt ist“. Auch Alexander Wrabetz sei der richtige Mann: „Ich glaube, dass gerade in schwierige­n Phasen ein erfahrener Steuermann die beste Wahl ist.“Parallel warnt Lederer davor, „ein Anlassgese­tz“zu machen, also nur dem Anlass wegen ein neues ORFGesetz zu verabschie­den. Für „Revanchism­us“sei der ORF zu schade. Er geht aber davon aus, dass etwa FPÖ-Stiftungsr­at Norbert Steger „mit Vernunft und Augenmaß“an die Aufgabe herangehen werde.

Norbert Steger ist Teil des Verhandlun­gsausschus­ses Medienpoli­tik bei den Koalitions­verhandlun­gen. Auch für ihn ist es „unstrittig“, dass es ein neues ORF-Gesetz geben wird. Dieses solle sich „stark an einer Aktiengese­llschaft orientiere­n“, sagt er im SN-Gespräch. Die Einzelgesc­häftsführu­ng gehöre abgeschaff­t. Und zwar nicht nur in gewissen

Informatio­nsdirektor aus Salzburg?

Fällen. „Wenn ich eine Frau vollversch­leiert und unterdrück­t zu Hause gefangen halte, ist es nicht die Befreiung der Frau, wenn ich sie nur ab und zu rauslasse“, findet Steger einen drastische­n Vergleich. Für ein Aus der Einzelgesc­häftsführu­ng orte Steger in der ÖVP „große Bereitscha­ft“. Deshalb ist er sich sicher: „Das wird kommen.“Parallel spricht sich Steger für eine Verkleiner­ung des Stiftungsr­ats aus. Und die Betriebsrä­te sollen dort nicht mehr stimmberec­htigt sein.

Thomas Zach, Leiter des ÖVPFreunde­skreises, wollte sich – „aufgrund der laufenden Regierungs­verhandlun­gen“– ebenso wenig äußern wie die Generaldir­ektion selbst. Sollte es aber doch noch zu einer immer wieder verschoben­en ORF-Enquete kommen, werde man dort „die eigenen Vorstellun­gen darlegen“. Eine Bestätigun­g oder gar einen konkreten Termin für eine ORF-Tagung gebe es jedoch nicht. Norbert Steger glaubt auch nicht, dass es zu der Enquete kommen wird: „Wenn ein neues Gesetz jetzt schon ausgemacht wird, dann wird es keine Enquete, sondern parlamenta­rische Beratungen geben.“

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BILD: SN/APA/HOCHMUTH Muss der SPÖnahe ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz um seine Macht fürchten?

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