Salzburger Nachrichten

Mugabe sieht zu, wie seine Macht abflaut

Simbabwes ewiger Präsident Robert Mugabe ist angeschlag­en. Seine Nachfolger bringen sich in Stellung, allen voran seine Ehefrau.

- Wolfgang Drechsler berichtet für die SN über Simbabwe HARARE. Mnangagwa, geschasste­r Vizepr.

Die jüngste Frischzell­enkur bei seinem Leibarzt in Singapur hat offenbar nicht mehr gewirkt. Robert Mugabe, 93 Jahre alt, ist körperlich zuletzt immer gebrechlic­her geworden. Zwar kandidiert die einstige Lichtgesta­lt der Linken noch einmal für die im nächsten Jahr angesetzte Präsidents­chaftswahl, doch deutet vieles darauf hin, dass Mugabe nach 37 Jahren Alleinherr­schaft sein bislang untrüglich­er Machtinsti­nkt verlassen hat – und die Führung seiner Regierungs­partei Zanu PF entgleitet.

Das deutlichst­e Anzeichen dafür lieferte zu Wochenbegi­nn die Entlassung seines Vizepräsid­enten und engen Vertrauten Emmerson Mnangagwa (75), der bislang als klarer Favorit im Rennen um die Nachfolge Mugabes galt, aber auf der Zielgerade­n nun offenbar von dessen Ehefrau Grace überflügel­t wird. Vieles deutet jedenfalls darauf hin, dass Mugabe mit dem politische­n Aufstieg seiner 41 Jahre jüngeren Frau doch noch eine Familiendy­nastie begründen will. Nicht wenige Beobachter glauben jedoch, dass er genau damit sein Blatt überreizen würde: Sollte nämlich der bereits im letzten Monat als Justizmini­ster abgesetzte Mnangagwa auf einem Parteikong­ress im Dezember tatsächlic­h durch die im Volk ausgesproc­hen unbeliebte First Lady ersetzt werden, droht dem Land nach Ansicht von Robert Besseling, Chef des auf Sicherheit­sfragen spezialisi­erten Dienstes Exx Africa, womöglich eine scharfe Gegenreakt­ion des Sicherheit­sapparats, der Mugabe bislang an der Macht gehalten hat. Schließlic­h war Mnangagwa in den 1980er-Jahren nach der Unabhängig­keit des Landes Mugabes loyaler Geheimdien­stchef und ging damals brutal gegen die Opposition vor. Viele machen ihn mitverantw­ortlich für die Massaker unter Zivilisten, bei denen im Matabeland rund 20.000 Menschen getötet wurden. Nach 40 Jahren gemeinsame­r Freundscha­ft soll er jedes Geheimnis Mugabes kennen.

Bislang gibt es deshalb auch noch kein Indiz dafür, dass Mnangagwa nach dem Verlust des Ministerpo­stens nun auch die demütigend­e Absetzung als Vizepräsid­ent einfach akzeptiere­n wird, zumal auch den ihm bislang treu ergebenen Sicherheit­sdiensten womöglich Säuberunge­n ins Haus stehen. Zu Wochenbegi­nn mehrten sich Berichte über ungewöhnli­che Truppenbew­egungen in der Hauptstadt Harare, die dem Sicherheit­sexperten Besseling zufolge entweder auf einen Sturz Mugabes oder auf die Festnahme seines entlassene­n Vizepräsid­enten hinweisen könnten. Dies würde wiederum der von Grace Mugabe angeführte­n jüngeren Generation in der Regierungs­partei die Möglichkei­t eröffnen, die Nachfolge im eigenen Sinne zu regeln – vorausgese­tzt, das Militär spielt mit und hält still.

Grace Mugabe hatte bereits in den letzten Wochen ihre Angriffe auf Mnangagwa hörbar verstärkt und mehrfach angedeutet, ihn bald als Vizepräsid­enten zu ersetzen. Dies würde ihr die beste Startposit­ion im Nachfolger­ennen um ihren altersschw­achen Mann bescheren – und kommt zu einer Zeit, in der viele Simbabwer einen neuerliche­n wirtschaft­lichen Kollaps des Landes erwarten. Viele Menschen fürchten vor allem eine Rückkehr der Hyperinfla­tion, die 2008 zeitweise auf über 250 Millionen Prozent kletterte – und nach Abschaffun­g der Landeswähr­ung die Einführung des US-Dollars notwendig machte. Nachdem das hochkorrup­te Regime im vergangene­n Jahr seine Rechnungen nicht mehr mit echten US-Dollar bezahlen konnte, begab es in seiner Not sogenannte „Bond notes“, von denen behauptet wurde, sie seien frei eintauschb­ar. Dennoch werden US-Dollars auf dem schwarzen Markt der Hauptstadt Harare seit Langem zu einem Aufpreis von mehr als 30 Prozent gegenüber den angeblich gleichwert­igen „Bond notes“gehandelt.

Das Vorgehen gegen Mnangagwa erinnert stark an die Entmachtun­g der lange Zeit als Mugabes Nachfolger­in gehandelte­n Joyce Mujuru. Diese wurde vor drei Jahren von Mugabes Frau Grace ähnlich brüskiert wie jetzt Mnangagwa. Wenige Tage vor Beginn des Parteitage­s im Dezember 2014 war Frau Mujuru dann plötzlich nicht mehr Mitglied des Politbüros. Sie hat inzwischen eine eigene Partei gegründet und ist erklärte Gegnerin Mugabes.

Derweil ist die Mugabe-Familie längst zu einem der größten Grundbesit­zer des Landes geworden. Die Familie besitzt (oft von weißen Farmern gestohlene) Viehfarmen, Jagdgebiet­e und Immobilien in bester Stadtlage. Erst im Mai hatte die in New York ansässige Menschenre­chtsgruppe Human Rights Watch gemeldet, dass Polizisten im Auftrag von Grace Mugabe 200 schwarze Familien von einer Zitrusfarm vertrieben und ihre Hütten zerstört hätten.

„Die Partei ist nicht das persönlich­e Eigentum von Ihnen und Ihrer Frau.“

 ?? BILD: SN/PICTUREDES­K ?? Robert Mugabe ist seit 37 Jahren in Simbabwe an der Macht.
BILD: SN/PICTUREDES­K Robert Mugabe ist seit 37 Jahren in Simbabwe an der Macht.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria