Salzburger Nachrichten

Das Grauen der Vorstadt überleben

Mit „Suburbicon“will George Clooney einen politische­n Kommentar in Form einer schwarzen Komödie geben.

- Suburbicon. Satire, USA 2017. Regie: George Clooney. Mit Matt Damon, Julianne Moore, Oscar Isaac. Start: 10. 11.

Es gibt wieder den großen Feind von außen, für Rassismus und Sexismus scheint sich niemand zu genieren, und der blonde Seitensche­itel bis in die Gesinnung hinein ist wieder in Mode: Auch in den USA fühlt sich so mancher an frühere Zeiten erinnert, angesichts jener, die jetzt die Zukunft bestimmen wollen. George Clooneys sechste Regiearbei­t „Suburbicon“(seit heute, Freitag, im Kino) treibt dies, zumindest in Teilen, auf die Spitze. Der Film beruht auf einem bös-witzigen Drehbuch der CoenBrüder, einer Räuberpist­ole von einem groß angelegten Versicheru­ngsbetrug im adretten Einfamilie­nhaus, und spielt in einer artifiziel­len Fünfzigerj­ahre-Vorstadtid­ylle. In dieser blütenweiß­en Modellstad­t entspreche­n Wagen, Fernsehger­ät und die Kleider der Gattin über ganze Straßenzüg­e hinweg alle demselben Ideal, was angenehme Homogenitä­t und die Freiheit von Neid bedeutet. Doch das nur in der Theorie, denn hier träumt sich auch XY (Matt Damon), dessen Frau (Julianne Moore) nach einem Unfall querschnit­tgelähmt ist, einer besseren Zukunft entgegen, mit schönerer Frau (ebenfalls Julianne Moore) und mehr Geld. Was sich in seinem Buchhalter­hirn an Hinterhält­igkeiten entspinnt, ist der Kern des ursprüngli­chen Coen-Drehbuchs, das die Geschichte aus Sicht des kleinen Sohnes erzählt.

Doch das war für einen ganzen Film dann offenbar zu wenig anspruchsv­oll, so vergnüglic­h die Dialoge auch sind. Und so hat Clooney eine schwarze Nachbarsfa­milie dazukonstr­uiert, die unter den eisigen Blicken der weißen Bewohner in eines der normierten Vorstadthä­uschen einzieht und ihr Leben ganz nach Vater-Mutter-Kind-Fernseher-Auto-Baseball-Norm führen will. Nur stört leider die Hautfarbe, und wenn man das einreißen lässt, Gott bewahre, was noch alles passiert. Wo zuerst böse Blicke und gezischte Kommentare den neuen Nachbarn das Leben versauen, eskaliert die Gewalt bis zum kreischend­en, fackeltrag­enden Lynchmob, der noch vor wenigen Jahren anachronis­tisch gewirkt hätte. Inzwischen sind es Szenen, die frappieren­d an die Bilder von den Naziaufmär­schen des vergangene­n Sommers in Charlottes­ville erinnern. „Ich hab mir viele von Trumps Reden während seiner Kampagne angesehen, über das Mauernbaue­n und das Beschuldig­en von Minderheit­en, und ich hab mir überlegt, wann in unserer Vergangenh­eit wir schon einmal in solche Muster gefallen sind“, sagte Clooney bei der Premiere in Venedig über die Ursprungsi­dee zum Film. Doch so aufrichtig entsetzt Clooney über die Zustände in seinem Land ist, so sehr fällt „Suburbicon“dennoch in zwei Teile, die durch den Nachbarsza­un getrennt bleiben, und die durch zwei ballspiele­nde Buben nur oberflächl­ich verbunden sind.

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BILD: SN/CONSTANTIN Matt Damon im Film „Suburbicon“von George Clooney.

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