Das Grauen der Vorstadt überleben
Mit „Suburbicon“will George Clooney einen politischen Kommentar in Form einer schwarzen Komödie geben.
Es gibt wieder den großen Feind von außen, für Rassismus und Sexismus scheint sich niemand zu genieren, und der blonde Seitenscheitel bis in die Gesinnung hinein ist wieder in Mode: Auch in den USA fühlt sich so mancher an frühere Zeiten erinnert, angesichts jener, die jetzt die Zukunft bestimmen wollen. George Clooneys sechste Regiearbeit „Suburbicon“(seit heute, Freitag, im Kino) treibt dies, zumindest in Teilen, auf die Spitze. Der Film beruht auf einem bös-witzigen Drehbuch der CoenBrüder, einer Räuberpistole von einem groß angelegten Versicherungsbetrug im adretten Einfamilienhaus, und spielt in einer artifiziellen Fünfzigerjahre-Vorstadtidylle. In dieser blütenweißen Modellstadt entsprechen Wagen, Fernsehgerät und die Kleider der Gattin über ganze Straßenzüge hinweg alle demselben Ideal, was angenehme Homogenität und die Freiheit von Neid bedeutet. Doch das nur in der Theorie, denn hier träumt sich auch XY (Matt Damon), dessen Frau (Julianne Moore) nach einem Unfall querschnittgelähmt ist, einer besseren Zukunft entgegen, mit schönerer Frau (ebenfalls Julianne Moore) und mehr Geld. Was sich in seinem Buchhalterhirn an Hinterhältigkeiten entspinnt, ist der Kern des ursprünglichen Coen-Drehbuchs, das die Geschichte aus Sicht des kleinen Sohnes erzählt.
Doch das war für einen ganzen Film dann offenbar zu wenig anspruchsvoll, so vergnüglich die Dialoge auch sind. Und so hat Clooney eine schwarze Nachbarsfamilie dazukonstruiert, die unter den eisigen Blicken der weißen Bewohner in eines der normierten Vorstadthäuschen einzieht und ihr Leben ganz nach Vater-Mutter-Kind-Fernseher-Auto-Baseball-Norm führen will. Nur stört leider die Hautfarbe, und wenn man das einreißen lässt, Gott bewahre, was noch alles passiert. Wo zuerst böse Blicke und gezischte Kommentare den neuen Nachbarn das Leben versauen, eskaliert die Gewalt bis zum kreischenden, fackeltragenden Lynchmob, der noch vor wenigen Jahren anachronistisch gewirkt hätte. Inzwischen sind es Szenen, die frappierend an die Bilder von den Naziaufmärschen des vergangenen Sommers in Charlottesville erinnern. „Ich hab mir viele von Trumps Reden während seiner Kampagne angesehen, über das Mauernbauen und das Beschuldigen von Minderheiten, und ich hab mir überlegt, wann in unserer Vergangenheit wir schon einmal in solche Muster gefallen sind“, sagte Clooney bei der Premiere in Venedig über die Ursprungsidee zum Film. Doch so aufrichtig entsetzt Clooney über die Zustände in seinem Land ist, so sehr fällt „Suburbicon“dennoch in zwei Teile, die durch den Nachbarszaun getrennt bleiben, und die durch zwei ballspielende Buben nur oberflächlich verbunden sind.