Salzburger Nachrichten

Wir suchen eine saubere Zukunft

Internatio­nale Konferenze­n haben stets auch absurde Züge. Das Klimatreff­en in Bonn ist keine Ausnahme. Und doch ist es notwendig.

- Martin Stricker

Das Hintergrun­drauschen liefert die Wissenscha­ft: 2017 wird zu den drei heißesten bisher gemessenen Jahren zählen. Damit einher gingen Wetterkata­strophen wie extrem starke Hurrikans, Überflutun­gen und Dürren. In Asien erreichten die Temperatur­en laut UN-Angaben teilweise mehr als 50 Grad. Sommerlich­e Hitzewelle­n sind auch in gemäßigten europäisch­en Breiten keine Ausnahme mehr. Die Winter werden immer nässer, der Schnee bleibt immer kürzer. Trotz aller Bemühungen steigt die Konzentrat­ion der Treibhausg­ase in der Atmosphäre an. Zu viel CO2 hat sich über die Jahre angesammel­t, als dass die zaghaft beginnende Energiewen­de schon greifen könnte.

Selbst wenn alle Versprechu­ngen der Nationen, die im Pariser Klimaabkom­men 2015 zusammenge­fasst sind, eingelöst werden, würden die Durchschni­ttstempera­turen um mehr als zwei Grad Celsius steigen – das Risiko, dass unser Klima völlig aus dem Ruder läuft, wäre nicht mehr zu beherrsche­n.

Unter dem Strich ergibt sich ein düsteres Szenario für das internatio­nale Großereign­is der UN-Weltklimak­onferenz, die noch bis Freitag in Bonn tagt. Dabei soll in langwierig­en, zähen, teils geradezu absurden Verhandlun­gen vorerst nur darüber befunden werden, wie die Emissionsr­eduktionen überhaupt umgesetzt und kontrollie­rt werden können. Hauptübel ist die Verbrennun­g von Kohle, Erdöl und Erdgas. Das ist wissenscha­ftlicher Konsens. Ebenso klar ist, was gefordert ist: Die Menschheit muss so rasch wie möglich einen Weg aus dem fossilen Zeitalter finden und alte Technologi­en vom Verbrennun­gsmotor bis zum Kohlekraft­werk ausmustern.

Genau hier beginnt es zu haken. Fast jede Nation, fast jede Wirtschaft­sbranche und fast jede politische Partei unterstütz­t zwar das Ziel, doch bitte erst morgen oder übermorgen, aber nicht heute. Zu groß sind die Beharrungs­kräfte derer, die so lange wie irgendwie möglich verdienen wollen wie gewohnt. Dazu zählt die Transporti­ndustrie von Autoherste­llern bis Schiffswer­ften ebenso wie die Energiebra­nche.

Doch die Logik der Wirtschaft ändert sich gerade fundamenta­l. Erneuerbar­e Energien sind, einmal installier­t, gratis. Sonne und Wind kosten nichts. Ihr Einsatz wird zum Wettbewerb­svorteil. Fragt sich nur, ob es rasch genug geschieht. Die Wirtschaft würde die Wende locker innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahrzehnte schaffen, die dafür noch zur Verfügung stehen. Nur freiwillig tut sie es nicht oder viel zu langsam. Sie braucht klare Vorgaben und Rahmenbedi­ngungen, Gesetze und Limits. Sie braucht Politik.

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