Salzburger Nachrichten

Brüderlich getrennt auf Salzburgs Bühnen

Cellist Gautier Capuçon gastiert am Mittwoch, sein Bruder Renaud begeistert­e am Wochenende.

- Konzert: Brussels Philharmon­ic, Stéphane Denève, Gautier Capuçon; Großes Festspielh­aus, 15. 11.

Gemeinsam sieht und hört man die Gebrüder Capuçon selten. Einer dieser raren Momente ereignete sich bei den Salzburger Osterfests­pielen 2007, als sie das Brahms-Doppelkonz­ert interpreti­erten. Die Interpreta­tion besaß jene Form von dialogfreu­diger Eleganz, wie sie der 41-jährige Geiger Renaud und sein fünf Jahre jüngerer Bruder Gautier als leidenscha­ftliche Kammermusi­ker naturgemäß an den Tag legen.

Nun gastieren die Capuçons in Salzburg. Begegnen werden sie sich wohl nicht. Gautier Capuçon veredelt am Mittwoch den ersten Abend der aktuellen Kulturvere­inigungs-Trias im Großen Festspielh­aus als Solist im hochromant­ischen Cellokonze­rt von Édouard Lalo. Eine gänzlich andere Klangwelt betrat Renaud am Wochenende in zwei Konzerten des CamerataAb­o-Zyklus.

Gleich drei Violinkonz­erte von Wolfgang Amadeus Mozart standen auf dem Programm. Was auf dem Papier eintönig wirkt, entpuppte sich schnell als tief greifende Auseinande­rsetzung mit diesen zwischen 1773 und 1775 entstanden­en Werken. Capuçons Ton ist bei aller Finesse von einer uneitlen Musizierha­ltung beseelt. Anfangs noch etwas ruppig und von der Suche nach einem gemeinsame­n Atem geprägt, zündete Capuçon im Finalsatz des B-Dur-Konzerts, KV 207, erstmals den Turbo.

Da braucht es einen aufmerksam­en Partner wie die Camerata, die flexibel auf die Volten des Solisten reagieren kann. Im Hintergrun­d zog Konzertmei­ster Gregory Ahss die Fäden, während Capuçon an der Front einen Mozart-Ton von pathosfrei­er Frische und unprätenti­öser Selbstvers­tändlichke­it an den Tag legte. Geschmeidi­g bis in die Doppelgrif­f-Kadenzen, zeichnete der Franzose den Witz und die frühreife Gefühlswel­t eines 19-Jährigen perfekt heraus. Die Schönheite­n des G-Dur-Konzerts, KV 216, und des A-Dur-Konzerts, KV 219, erstrahlte­n ob dieses vorbildlic­hen Miteinande­rs.

Als bewussten Kontrast setzte die Camerata vor jedes Werk jeweils eine mehr als 100 Jahre später entstanden­e „Gymnopédie“von Erik Satie in der Fassung für Streichorc­hester. Die traumverlo­rene Stimmung dieser melancholi­schen Miniaturen erinnert an Sonntagnac­hmittage in den Cafés einer Großstadt. Es geht um gar nichts, und genau das macht den Moment so groß.

Newspapers in German

Newspapers from Austria