Brüderlich getrennt auf Salzburgs Bühnen
Cellist Gautier Capuçon gastiert am Mittwoch, sein Bruder Renaud begeisterte am Wochenende.
Gemeinsam sieht und hört man die Gebrüder Capuçon selten. Einer dieser raren Momente ereignete sich bei den Salzburger Osterfestspielen 2007, als sie das Brahms-Doppelkonzert interpretierten. Die Interpretation besaß jene Form von dialogfreudiger Eleganz, wie sie der 41-jährige Geiger Renaud und sein fünf Jahre jüngerer Bruder Gautier als leidenschaftliche Kammermusiker naturgemäß an den Tag legen.
Nun gastieren die Capuçons in Salzburg. Begegnen werden sie sich wohl nicht. Gautier Capuçon veredelt am Mittwoch den ersten Abend der aktuellen Kulturvereinigungs-Trias im Großen Festspielhaus als Solist im hochromantischen Cellokonzert von Édouard Lalo. Eine gänzlich andere Klangwelt betrat Renaud am Wochenende in zwei Konzerten des CamerataAbo-Zyklus.
Gleich drei Violinkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart standen auf dem Programm. Was auf dem Papier eintönig wirkt, entpuppte sich schnell als tief greifende Auseinandersetzung mit diesen zwischen 1773 und 1775 entstandenen Werken. Capuçons Ton ist bei aller Finesse von einer uneitlen Musizierhaltung beseelt. Anfangs noch etwas ruppig und von der Suche nach einem gemeinsamen Atem geprägt, zündete Capuçon im Finalsatz des B-Dur-Konzerts, KV 207, erstmals den Turbo.
Da braucht es einen aufmerksamen Partner wie die Camerata, die flexibel auf die Volten des Solisten reagieren kann. Im Hintergrund zog Konzertmeister Gregory Ahss die Fäden, während Capuçon an der Front einen Mozart-Ton von pathosfreier Frische und unprätentiöser Selbstverständlichkeit an den Tag legte. Geschmeidig bis in die Doppelgriff-Kadenzen, zeichnete der Franzose den Witz und die frühreife Gefühlswelt eines 19-Jährigen perfekt heraus. Die Schönheiten des G-Dur-Konzerts, KV 216, und des A-Dur-Konzerts, KV 219, erstrahlten ob dieses vorbildlichen Miteinanders.
Als bewussten Kontrast setzte die Camerata vor jedes Werk jeweils eine mehr als 100 Jahre später entstandene „Gymnopédie“von Erik Satie in der Fassung für Streichorchester. Die traumverlorene Stimmung dieser melancholischen Miniaturen erinnert an Sonntagnachmittage in den Cafés einer Großstadt. Es geht um gar nichts, und genau das macht den Moment so groß.