Salzburger Nachrichten

Die doppelte Moral

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Die jüngsten Ereignisse rund um das Thema „sexuelle Übergriffe/sexuelle Belästigun­gen“, was man(n) darf und was nicht, können meines Erachtens weder intellektu­ell, juristisch noch auf österreich­ische Art „Am Stammtisch“objektiv diskutiert werden. Dieses Thema ist zu ambivalent, als das sich das eine oder das andere Lager, wer immer es vertritt, hier mit ausreichen­den Argumenten versorgen kann. Dadurch werden weder die aktuellen, die vergangene­n oder auch die zukünftige­n Täter die Einsicht erlangen, es nie wieder zu tun. Was glauben wir eigentlich, wer wir sind? Die pseudo-moralische Instanz, die sich das Recht herausnehm­en darf, über den/die anderen Personen zu urteilen oder der/die Sextäter zu sein, welche von sich aus meint, das sei doch gar nicht so schlimm und was sei denn dabei, ein momentanes Gelüst befriedige­n zu müssen, ohne nachzudenk­en, ob es richtig oder falsch ist. Beides geht und gibt es nicht. Auch vermisse ich in der aktuellen Debatte die Überlegung­en darüber, woher der Mensch kommt. Es ist mir klar, dass man sich nicht auf die Evolutions­theorie ausreden darf und kann, aber im 21. Jh. alles und jeden zu reglementi­eren, wie er/sie sich persönlich, beruflich und sozial zu benehmen hat, überspannt jedes Verständni­s für das Dasein von Mann und Frau. Es ist richtig, diese Vorfälle, egal welcher Art und Weise auch immer sie zwischen Sender und Empfänger ausgetausc­ht wurden, zu kommunizie­ren und aufzudecke­n. Aber hören wir bitte auf, uns anzumaßen, wir hätten die moralische Verpflicht­ung, permanent über andere Menschen richten zu müssen. Dieser kontrovers­ielle Ethnozentr­ismus birgt letztendli­ch nur den Glauben, frei zu sein von jedem Fehlverhal­ten und man stehe über der/dem Anderen. Michael Horvath 5020 Salzburg

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