Herzlos, rücksichtslos – oder ganz einfach nur dämlich?
Manche Menschen glauben tatsächlich, nur sie selbst seien wichtig, andere zählten nicht. Das führt zu schockierenden Vorfällen.
Kleine Vorfälle gibt es nahezu jeden Tag. Autofahrer, die sich einen feuchten Dreck um die Radfahrer kümmern und rücksichtslos auf dem Radweg parken oder Radfahrern an einer Kreuzung den Vorrang nehmen. Radfahrer, die auf Gehwegen dahinrasen und Fußgänger zu gewagten Ausweichmanövern zwingen. Fußgänger, die – beide Ohren zugestöpselt, den Blick fest aufs Smartphone geheftet – träumerisch durch die Gegend wandeln und weder Ampeln noch den Straßenverkehr wahrnehmen und damit sich und andere in Gefahr bringen. Daran hat man sich schon gewöhnt.
In diesen Tagen häufen sich aber die Meldungen über eklatant rücksichtsloses Verhalten von Autofahrern, die glauben, ihnen sei alles erlaubt, auch wenn es um Notfallhilfe für andere geht. In Berlin attackierte kürzlich ein Autofahrer die Besatzung eines Rettungswagens, weil sein Auto vom Sanitätsfahrzeug blockiert wurde. Auf den Vorhalt, dass man gerade versuche, das Leben eines Kindes zu retten, brüllte der Mann, ihm sei „egal, wer gerade reanimiert wird“. Er müsse zur Arbeit, die Rettungsfahrer mögen sich gefälligst „verpissen“.
In Birmingham ganz ähnlich. Da fanden die Sanitäter nach einem dringenden Einsatz einen Zettel auf der Windschutzscheibe mit den Worten: „Kann sein, dass ihr hier Leben rettet, aber parkt euren Wagen nicht so bescheuert und blockiert meine Einfahrt.“Feuerwehr und Polizei erleben auf Europas Autobahnen immer wieder, dass sie nicht zu einem Unfallort vordringen können, weil kein Mensch daran denkt, eine Rettungsgasse freizuhalten. Und wenn Polizei oder Feuerwehr dann die Leute auffordern, Platz zu machen, werden sie beschimpft, angepöbelt und manchmal sogar tätlich angegriffen.
Man fragt sich, ob es sich hier um herzlose Rücksichtslosigkeit handelt oder ob dieses Verhalten Anzeichen einer sich rasant verbreiten- den Verblödung ist. Das Zusammenleben in größeren Verbänden erfordert von jedem Lebewesen, sich an Regeln zu halten. Im Tierreich sind diese Regeln von Dominanz und Unterwerfung beherrscht, bei menschlichen Wesen sollte man voraussetzen können, dass die Vernunft jedem und jeder die Einhaltung von Regeln gebietet. Freilich drängen die oben zitierten Beispiele zu dem Schluss, dass Vernunft und Einsicht im Umgang mit anderen bei manchen Zeitgenossen unterentwickelt sind.
Noch viel schlimmer ist aber die Erkenntnis, dass immer öfter Menschen jegliche Mitmenschlichkeit vermissen lassen. Nicht einmal dort, wo es um die Rettung eines Kindes oder eines schwer verletzten Menschen geht, sind manche Leute bereit, ein paar Minuten ihrer Zeit zu opfern. Stattdessen reagieren sie mit unerträglicher Präpotenz und Aggression.