Salzburger Nachrichten

Smogbekämp­fer können nicht fliegen – wegen schlechter Sicht

In Delhi herrscht Smog-Alarm. Das ist nicht lustig für die Einwohner. Hubschraub­er sollten deswegen starten, um Wasser zu sprühen.

- Willi Germund

Delhis Einwohner husten wie die Weltmeiste­r. Bei den Behörden rotieren die Ideenmasch­inen umso verzweifel­ter, je länger der Smog-Alarm in der indischen Hauptstadt dauert. Nun macht den Behörden eine Widrigkeit einen Strich durch eine Fantasie, auf die Beamte ihre ganze Hoffnung gesetzt hatten. Ein kleines Heer von Hubschraub­ern, das aus der Luft Wasser über der Millionenm­etropole sprühen sollte, kann nicht starten. Der einfache Grund: Der Smog ist so schlimm, dass der daraus resultiere­nde Nebel schier undurchdri­nglich und die Sicht so mies ist, dass die Hubschraub­er am Boden bleiben müssen. Die ernüchtern­de Abfuhr holten sich die Behörden am Montag bei einer staatliche­n Charterges­ellschaft – also sozusagen bei den eigenen Untergeben­en. Fachleute halten die Luftsprenk­elaktion ohnehin für Humbug. Nun ist ausgerechn­et der Smog schuld daran, dass die Welt nicht erfahren wird, ob die Behörden sich ein Hirngespin­st ausgedacht haben. Denn die Lösung klingt so bestechend logisch und einfach. Der Staub, der in Delhis Luft umherschwi­rrt, wird nass – und fällt sozusagen als Schlamm vom Himmel.

Von der eigenen Atemnot und der Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder und Verwandten motiviert, haben Delhis Beamte in ihrem Eifer zudem ein Problem übersehen, das nichts mit der miserablen Luft zu tun hat. Über weiten Teilen Delhis herrscht – Smog hin oder her – ein absolutes Flugverbot, um die Sicherheit von Parlament, Regierung und Ministerie­n nicht zu gefährden.

Die Smogbekämp­fung per Hubschraub­er müsste sich also auf Stadtgebie­te beschränke­n, in denen sich keine Politiker tummeln. Ausgleiche­nde Gerechtigk­eit, munkelt angesichts dieser Smog-Diskrimini­erung so mancher Be- wohner der Hauptstadt. Schließlic­h kennen Regierungs­mitglieder und Politiker dank besonderer Leitungen keine Stromausfä­lle wie ihre normalen Mitbürger.

Aber solche Überlegung­en führen zu weit weg vom Thema. Tatsache bleibt: Niemand weiß, wie der aktuelle Smog-Alarm auf die Schnelle zu bekämpfen ist.

Die Beamten, auf deren Idee die „Hubschraub­er-Kur“zurückgeht, wollen sich nicht geschlagen geben. „Die Hinderniss­e werden gerade beiseite geräumt,“heißt es in den zuständige­n Amtsstuben. Man will schließlic­h nicht als „Luftikus“gelten. Möglicherw­eise rücken sie dem Nebel ja nun mit einem Schneebese­n zu Leibe, um für bessere Sichtverhä­ltnisse zu sorgen – und um die Hubschraub­er-Armada starten zu lassen. Aber lustig sind die Lebensverh­ältnisse für Millionen Menschen in Indiens Metropole nicht.

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