„Kritiker zählen für mich nicht“
Thomas Brezina lässt die Knickerbocker-Bande erwachsen werden. Seine Leser von damals sind es auch und stürmen seine Lesungen.
SALZBURG. Für seine Fangemeinde veröffentlicht der 54-Jährige seine Geschichten auch in den sozialen Medien. SN: Sie hatten wieder einmal den richtigen Riecher, alle Veranstaltungen sind ausgebucht. Freut Sie das? Brezina: Wahnsinnig. Ich bin letzte Woche um Mitternacht beim ersten Verkauf vor 600 Leuten gestanden. Die letzten Autogramme habe ich um drei Uhr früh geschrieben. Keiner hat sich beschwert oder gejammert. Ich glaube, es gibt für einen Autor keine höhere Auszeichnung. SN: In Österreich wird man als Kinderbuchautor immer ein bisschen belächelt. War das auch ein Motiv, die Knickerbocker erwachsen werden zu lassen? Nein, null. Mich freut, dass ich von erwachsenen Lesern jetzt diese Resonanz kriege. Kritiker, mit allem Respekt, zählen für mich nicht. SN: Haben Sie das immer so locker genommen? Ja, das hat sehr früh begonnen. Am Anfang gab es zum Teil sehr heftige Kritik. Auf der anderen Seite hatte ich enorm viele Leser und auf der dritten Seite enorm viele Eltern, die gesagt haben: „Vielen herzlichen Dank, mein Kind liest endlich ein Buch.“Und dann muss man sich entscheiden, was man will. SN: Neid muss man sich verdienen, heißt es. Empfinden Sie Neid als eine Art Ritterschlag? Nah. Ganz im Gegenteil, ich finde das unfassbar mühsam in Österreich und auch schade. Neid heißt nichts anderes als: Ich möchte gern das haben, was du hast, aber ich will nicht das gleiche dafür tun. SN: Was war die größte Herausforderung, ein Buch für Erwachsene zu schreiben? In eine erwachsenere Sprache hineinzukommen. Aber es war auch eine Erleichterung, ich musste mich nicht so beschränken. Das neue Buch ist blutiger, heftiger. SN: Haben Sie schon einmal unter einem Pseudonym für Erwachsene geschrieben? Dazu sage ich nichts (lacht). SN: Woher wissen Sie so genau, was Kinder mögen? Ich beobachte sie und höre ihnen zu. Wenn ich neue Ideen habe, dann frage ich mich: Würde sie das begeistern? Ich frage sie aber nicht nach ihrer Meinung. SN: Ist Ihnen in Ihren Büchern Spannung wichtiger oder feilen Sie an jedem Satz? Das ist eine extreme Gegenüberstellung. Ich stelle mir immer vor, ich erzähle die Geschichte Menschen, die vor mir sitzen. Dann schreibe ich, wie es aus mir herauskommt. Meine Lektoren schauen sich an, ob das seine Stimmigkeit hat. SN: Sind Sie ein Perfektionist? Nein. Ich mag Qualität und will sie immer erschaffen. Das ist etwas anderes als Perfektion, die gibt es nämlich nicht. Eine DIN ist Qualität – keine Perfektion. SN: Auf Instagram verströmen Sie gute Laune. Sind Sie immer gut drauf? Nein. Das, was ich zeige, ist ganz bewusst so gewählt. Meine Motivation war, dem Negativen, das zum Beispiel ein Herr Trump jeden Tag von sich gibt, etwas entgegenzusetzen. Die Reaktionen waren so heftig und freudig, dass mehr daraus geworden ist. Ich erzähle jetzt jeden Tag eine kleine Geschichte auf Instagram und probiere aus, wo mich das hinführt. Ich weiß es noch nicht. SN: Sie haben Ihr neues Buch Ihrem Mann gewidmet. Hätten Sie sich das in den 1990er-Jahren auch getraut? Nein. SN: Was hat sich verändert? Es (Homosexualität, Anmerkung) ist heute völlig selbstverständlich geworden, und das sollte es auch sein.