Kleines Zeichen, große Wirkung
Eine Wiener Schülerin erfand für soziale Medien ein Emoji-Symbol mit Kopftuch und sorgte damit international für großes Aufsehen. Warum der 16-Jährigen das Zeichen so viel bedeutet.
WIEN. Die 16-jährige Rayouf Alhumedhi besucht die Vienna International School in Donaustadt – und versteht gerade die Welt nicht mehr. Denn das, was der jungen Muslima gelang, sorgt derzeit quer über den Erdball für Aufsehen. Zuletzt landete ihre „Tat“sogar im berühmten „Time“-Magazin, wo es die Schülerin auf die Liste der einflussreichsten Teenager schaffte. Rayouf gilt als Urheberin des Kopftuch-Emojis, also eines jener Gesichter, die sich gern (meist am Ende) in einer Textbotschaft finden, die via Smartphone abgeschickt wird.
Mit einem Emoji soll der jeweiligen Nachricht zusätzlicher emotionaler Nachdruck verliehen werden – deshalb auch der Name „Emoticon“für das Symbol, kurz: Emoji. Es gab sie bereits in allen erdenklichen Varianten. Auf WhatsApp etwa standen Männer und Frauen in Turbanen und in sechs unterschiedlichen Hautfarben zur Auswahl. Ein mit Schleier umrahmtes Gesicht gab es hingegen nicht.
Dabei gebe es weltweit mehr als eine halbe Milliarde Frauen, die ein Kopftuch (Hijab) tragen, heißt es auf der von der Wiener Schülerin gegründeten Internet-Seite www.hijabemoji.org. Und weiter: „Wir brauchen das Hijab-Emoji für muslimische Länder, darunter Indonesien, wo 202 Millionen Menschen leben, oder für Ägypten, wo 90 Prozent der Frauen einen Schleier tragen.“Diese Argumentation, enthalten in einem mehrseitigen Antragschreiben, überzeugte schließlich auch das für die Entwicklung von Emojis zuständige Unicode Consortium mit Sitz in Kalifornien: Rayoufs Ansuchen wurde stattgegeben. „Ich konnte es anfangs gar nicht glauben.“Über Nacht war der Teenager zu einem international gefragten Gesprächspartner für Medien geworden. Eine der häufigsten Fragen an die Muslima: Warum trägt sie Kopftuch? „Weil ich es will und es meinen Glauben repräsentiert. Gezwungen hat mich niemand.“Mit 13 Jahren entschloss sie sich, fortan mit Hijab das Haus zu verlassen. „Natürlich bekomme ich so manche Blicke ab, aber die stören mich nicht.“Dass Verschleierung – vom Kopftuch bis zur Burka – auch als Symbol der Unterdrückung gesehen wird, ist der 16-Jährigen bewusst. „Natürlich muss man diesen Frauen helfen. Aber viele tragen ihn freiwillig. So wie ich.“Das Emoji sei für sie einfach ein Zeichen für eine pluralistische Gesellschaft, in der Akzeptanz und Vielfalt herrschen. Mit Kritik habe sie gerechnet und komme auch gut damit klar. „Meine Familie und meine Freunde haben mich jedenfalls alle toll unterstützt.“
Acht Jahre war Rayouf Alhumedhi alt, als sie mit ihren Eltern ihr Geburtsland Saudi-Arabien verließ. Als Tochter eines Diplomaten lernte sie nicht nur Wien, sondern auch Berlin als Lebensmittelpunkt kennen. Kontakt mit Verwandten in Saudi-Arabien gebe es zwar sehr wohl, die Erinnerungen an den Alltag in dem Land ihrer Ahnen seien jedoch nahezu verblasst. „Ich weiß eigentlich nur noch, dass es sehr heiß war“, lacht die Schülerin.
Etwaige Aufregung um das kleine, virtuelle Kopftuch-Emoji und dessen mediale Aufmerksamkeit kontert die 16-Jährige mit Gelassenheit: „Wenn es eh nur ein winziges Symbol ist – warum darüber aufregen?“
Noch dazu, wo das Emoji nicht allein ist. Auch Barbie bekommt in Kürze einen Hijab. Für die neue Puppe in der „Sheroes“-Kollektion diente die Säbelfechterin Ibtihaj Muhammad als Vorlage, gab der US-Spielzeughersteller Mattel am Montag bekannt. Als erste USSportlerin mit Hijab war Muhammad im vergangenen Jahr in Rio bei Olympia angetreten. Für sie sei ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, sagte die 31-Jährige.