Macron sorgt in der Libanon-Krise für Bewegung
Nach einem Umweg über Paris kehrt der zurückgetretene libanesische Premierminister Saad Hariri nach Beirut zurück.
Der Gewinner der Krise im Nahen Osten, die durch den Rücktritt des libanesischen Premiers Saad Hariri ausgelöst wurde, heißt Emmanuel Macron. Frankreichs Staatspräsident war in der vergangenen Woche nach Riad gereist, um dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman einen weiteren Gesichtsverlust zu ersparen und gleichzeitig die Lage im Libanon etwas zu entspannen. Beides ist ihm gelungen.
Anstatt direkt nach Beirut zurückzufliegen, was als Niederlage des Saudis interpretiert worden wäre, wählte Hariri den Umweg über Paris. Dort traf er am Freitagabend sichtlich entspannt ein und nutzte die wiedergewonnene Handlungsfreiheit sofort zu politischen Sondierungen: Vor seinem Abflug aus Riad hatte er dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel noch per Twitter mitgeteilt, dass es „eine Lüge sei, dass er in Saudi-Arabien festgehalten werde und das Land nicht verlassen dürfe“.
Warum der Libanese elf Tage geschwiegen hatte, konnte oder wollte er nicht erklären. Deutlich ist dagegen, dass es dem saudischen Kronprinzen nicht gelungen ist, durch Hariris noch immer mysteriösen Rücktritt die Machtbasis der pro-iranischen Hisbollah im Land der Zedern zu erschüttern.
Der Libanon kann nach Macrons diplomatischem Bravourstück erst einmal aufatmen. Die politischen Protagonisten im Libanon scheinen Hariri zu verzeihen und warten nun gespannt auf dessen Rückkehr nach Beirut. Dort soll dem „verlorenen Sohn“ein Heldenempfang bereitet werden. Hariri selbst, der trotz seiner Rücktrittserklärung rechtlich noch immer der Regierungschef ist, lässt unterdessen seine politische Zukunft offen.
Er werde am Mittwoch an den Feiern zum Unabhängigkeitstag in Beirut teilnehmen, also jenen Tag würdigen, an dem die Libanesen im November 1943 die Unabhängigkeit von Frankreich erzwungen hatten. Damit setzt Hariri ein politisches Signal. Die Spaltung des Landes, verkündete er am Wochenende aus Paris, müsse überwunden und Stabilität hergestellt werden. Große Worte, die im Libanon schon oft ausgesprochen wurden, denen aber niemals nachhaltige Taten folgten.
Die politischen Spieler haben in der Regel die Vorgaben ihrer regionalen Verbündeten im Auge. Das war im Falle Hariris lange Zeit Saudi-Arabien, bis sich der Libanese neu orientierte und sich vor einem Jahr mit Unterstützung der Hisbollah zum Premier wählen ließ. Das Arrangement mit dem langjährigen Erzfeind bescherte dem Libanon eine Phase relativer Stabilität. Die Wirtschaft wuchs und der Tourismus erlebte neue Blüte. Von dem Aufschwung hätte vermutlich auch Hariri selbst profitiert. Dessen Unternehmen schreiben allerdings seit Jahren rote Zahlen. Die 30.000 Beschäftigten seiner Firma „Oger Libanon“sollen seit zwei Jahren keine Löhne mehr erhalten. Unter ihnen sind auch Dutzende französischen Ingenieure.