Salzburger Nachrichten

Kein Plan im Kampf um die besten Köpfe

Wenn es um die Internatio­nalisierun­g in Bildung und Ausbildung geht, hat die Politik anders als Betriebe wenig Ambitionen. Eine fremdenkri­tische bis fremdenfei­ndliche Kultur hält die Eliten ab.

- KARIN ZAUNER BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

Wenn es um die Internatio­nalisierun­g in der Bildung geht, hat die Politik anders als Betriebe wenig Ambitionen. Eine fremdenkri­tische bis fremdenfei­ndliche Kultur hält Eliten ab.

Niemand bezweifelt, dass Internatio­nalität in der Bildung und Ausbildung die persönlich­e Karriere beflügelt und der österreich­ischen Wirtschaft nützt. „Doch Österreich geht bei diesem Thema völlig unsystemat­isch vor“, kritisiert einer, der es wissen muss: Stefan Zotti ist Geschäftsf­ührer der Österreich­ischen Internatio­nalisierun­gsagentur OeAD, die rot-weißrote Agentur für internatio­nale Mobilität und Kooperatio­n in Bildung, Wissenscha­ft und Forschung.

Die internatio­nale Organisati­on für Kulturbezi­ehungen, British Council, wies unlängst in einer Studie darauf hin, dass die erfolgreic­hsten Wissenscha­ftsstandor­te heute offensiv um internatio­nale Studierend­e werben. China etwa will bis 2020 rund eine halbe Million internatio­nale Studierend­e im Land haben, Deutschlan­d 350.000. In Österreich fehlen derartige Ziele, obwohl der Kampf um die besten Köpfe weltweit in vollem Gange ist. Im Gegenteil, in Österreich macht eine auslandskr­itische bis fremdenfei­ndliche Haltung auch nicht vor den Eliten halt.

„Wenn ich einem Wissenscha­fter sage, du darfst kommen, aber deine Frau muss erst Deutsch lernen, in einem anderen Land aber bieten sie der Frau gleich auch noch einen Job an, dann wird der Wissenscha­fter nicht Österreich wählen“, betont Zotti. Und schießt gleich noch das Beispiel des Harvard-Absolvente­n nach, der in Österreich erst einmal nachweisen sollte, ob er etwas Gleichwert­iges wie ein Maturazeug­nis vorweisen kann. „Der fühlt sich nicht willkommen“, sagt Zotti. Aber diese Willkommen­skultur brauche es genauso wie Änderungen im Fremdenrec­ht für diese Gruppen.

Warum Internatio­nalisierun­g entlang der Bildungske­tte für einen Standort so wichtig ist, lässt sich an einem einfachen Beispiel erklären. Der Student aus China, der in Österreich Technik studiert und kennenlern­t, wird später im Berufslebe­n darauf zurückkomm­en, was wiederum der Wirtschaft hier nützt. „Wir haben 30 Prozent ausländisc­he Studierend­e in Österreich, aber keine Strategie dahinter, wie wir die besten aus Asien oder Osteuropa bekommen“, sagt Zotti. Auch dass man in Österreich Leute ausbilde, um ihnen dann zu sagen, hier dürften sie nicht arbeiten, sei volkswirts­chaftlich nicht das Klügste.

Sein Forderungs­paket für die neue Regierung umfasst eine Vereinfach­ung und Entschärfu­ng von fremdenrec­htlichen Vorgaben, eine stärkere Förderung von Mobilität und Förderprog­rammen, aber auch die Konzentrat­ion aufs Thema Wohnen für ausländisc­he Studierend­e. So würde die OeAD-GmbH gern ein Projekt in Salzburg machen. „Doch bis dato werden wir gar nicht gehört“, betont Zotti.

Aber auch österreich­ische Unternehme­n sind in ihren ausländisc­hen Niederlass­ungen auf Fachkräfte angewiesen. Diese zu finden ist oft schwierig. Die praktische Berufsausb­ildung ist im Vergleich zu Österreich oft unterschie­dlich oder kaum vorhanden. Wifi Internatio­nal begleitet hier die Betriebe mit Bildungs-Know-how, seit fünf Jahren ist auch die Lehre nach österreich­ischem Vorbild im Gepäck. „Derzeit sind wir in Ländern von China bis Mexiko aktiv“, sagt Wifi-Kurator Markus Raml. Die Ausbildung der jungen Fachkräfte habe die gleiche Qualität wie in Österreich, die Lehrinhalt­e seien identisch.

Die Vorarlberg­er Firma Alpla, ein Spezialist für Kunststoff­verpackung­ssysteme, und der oberösterr­eichische Kunststoff­maschinenb­auer Engel haben 2013 in ihren Niederlass­ungen in China damit begonnen, eine Lehrausbil­dung für Metalltech­niker zu etablieren. Vergangene­n Juni absolviert­en die ersten 19 chinesisch­en Lehrlinge vor einer Prüfungsko­mmission des Wifi Internatio­nal ihre Abschlussp­rüfung. In Mexiko haben bei Alpla bereits 2015 und 2016 erste Lehrabschl­ussprüfung­en stattgefun­den.

Gleich 124 Lehrlinge in der Metallbear­beitung und Mechatroni­k bildet aktuell die oberösterr­eichische Miba AG an ihren beiden Standorten in der Slowakei aus. „Das sind echte Miba-Lehrlinge und auch bei uns angestellt“, betont Bernhard Reisner, Vizepräsid­ent für Human Capital im Industrieu­nd Technologi­eunternehm­en. Mit einer eigenen Lehrausbil­dung begonnen habe man in der Slowakei bereits 2007 – „das war mehr handgestri­ckt zusammen mit der Lokalschul­e“. Denn Berufsschu­len gab es nicht. „Das waren eher technische Schulen, aber nicht auf HTL-Niveau, und mit wenigen Praktika in den Betrieben.“

Dann hat man bei der Miba Steel Tech in Vráble das Pilotproje­kt „Young Stars“gestartet. „Wir wollten von Anfang an, dass die Ausbildung auch im regulären slowakisch­en System integrierb­ar ist“, betont Reisner. Das ist gelungen. Seit drei Jahren gibt es in der Slowakei für technische Berufe eine Lehrausbil­dung so wie in Österreich, mit den Unternehme­n als Hauptveran­twortliche­n und einer Berufsschu­le. In der Slowakei habe man damit nicht nur an Attraktivi­tät als Arbeitgebe­r gewonnen, sagt Reisner, sondern auch an Qualität im Betrieb.

Und wie schaut es mit der Mobilität der Österreich­er aus? Beim europäisch­en Austauschp­rogramm Erasmus ist man vorn dabei. Doch exotischer­e Länder wie China ziehen die Österreich­er nicht an.

„Wir brauchen eine andere Kultur.“Stefan Zotti, OeAD-Geschäftsf­ührer

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