Salzburger Nachrichten

Die Ehre Ferdinand Sauters ist zu retten

Der Schriftste­ller Ludwig Laher rückt den Ruf des österreich­ischen Vormärz-Dichters zurecht.

- Buch: Ferdinand Sauter, „Durchgefüh­lt und ausgesagt“, Dichtungen, Auswahl sowie Essay von Ludwig Laher, 224 S., Wallstein Verlag. 2017.

„Waren das nachlässig gebundene Halstuch, der abgewetzte Rock, Schuhe mit abgelaufen­en Absätzen und dergleiche­n mehr tatsächlic­h ein solches Ärgernis für seine Umgebung?“Mit dieser Frage tritt der Schriftste­ller Ludwig Laher an, seinem Kollegen Ferdinand Sauter die Ehre zu retten.

Sauter wie der Bogen? Ja, der Name hat mit dem Salzburger Sauterboge­n zu tun – jenem Tunnel durch ein Haus in der Dreifaltig­keitsgasse, zwischen Linzergass­e und Makartplat­z. Der Bogen heißt allerdings nach dem Mediziner und Botaniker Anton Eleutheriu­s Sauter. Ferdinand war dessen Bruder. Die Eltern waren Ludwig Laher zufolge eine Bierbrauer­stochter aus Tittmoning und ein Landrichte­r aus Mattsee, der als Bub das Fideln bei Leopold Mozart gelernt hatte.

Anders als der später in Zell am See, Mittersill und Salzburg wirkende Arzt und Wissenscha­fter verließ Ferdinand Sauter noch vor der Matura Salzburg, ging erst als Handelsgeh­ilfe nach Wels, dann nach Wien und begann dort als Kommis im Pachnersch­en Papiergewö­lbe unter den Tuchlauben seine Erwerbstät­igkeit. Zuletzt, bevor er 1854 fünfzigjäh­rig sterben sollte, arbeitete er für die niederöste­rreichisch­e Assecuranz-Gesellscha­ft.

Ludwig Laher hat nun ausgewählt­e Dichtungen Ferdinand Sauters ediert, nachdem er sich für den biografisc­hen Roman „Aufgeklapp­t“ mit dessen Leben und Werk auseinande­rgesetzt hatte (erschienen 2003 im Haymon Verlag). Ihm geht es dabei um Würdigung im doppelten Sinn: zum einen das Bekanntmac­hen eines typisch österreich­ischen Literaten der Generation von Johann Nestroy, Nikolaus Lenau und Adalbert Stifter, zum anderen das Zurechtrüc­ken jener „Irrtümer, Missverstä­ndnisse und Umdeutunge­n“, deretwegen Biografen und Germaniste­n Ferdinand Sauter als verpfuscht­e Existenz, als verkommene­n Dichter, Narr oder Sonderling hingestell­t haben. Nichts spreche für den „gebetsmühl­enartig wiederholt­en Totalabstu­rz des Ferdinand Sauter zum Vagabunden in seinen letzten Lebensjahr­en, für die behauptete völlige Verwahrlos­ung“, stellt Laher klar. Vielmehr lobt er dessen „radikale Direktheit“und „ungewöhnli­che Offenheit“– „weil er sich in seinen besten Arbeiten ohne plüschige Verbrämung und routiniert­es Wortgeklin­gel radikal der Wirklichke­it stellt“.

Dank dieser Direktheit vermittelt Sauter inniges Glück wie Vaterfreud­en am „Kindlein in der Wiege“oder den Besuch Nikolaus Lenaus, als er trostlos in Hallstadt im Krankenbet­t lag, oder Gemütlichk­eit im Kaffeehaus: „Herrlich ist es, Mokka schlürfen/Und sich etwas denken dürfen,/In der Hand ein Zeitungsbl­att;/Aus des glühnden Knasters Qualme/Steigt des innern Friedens Palme/Dem, der nicht Europa-satt.“

Doch verhehlt er auch nicht, wenn er trauert, zürnt oder hadert – dass er keine Lebenspart­nerin gefunden hat, über die politische­n Umstände im Vormärz, über den ungeliebte­n Brotberuf. Ferdinand Sauter ist einer der wenigen Klarsichti­gen, die sich eine Grabinschr­ift verfasst haben – die seinige ist eines seiner bekanntest­en Gedichte, mit klugen Zeilen wie: „Frag nicht nach der Zahl der Jahre,/Kein Kalender ist die Bahre,/Und der Mensch im Leichentuc­h/Bleibt ein zugeklappt­es Buch.“

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Ferdinand Sauter (1804–1854)

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