Schöner wohnen in Lauriacum
WIEN. Wie so oft stand am Beginn ein Bauvorhaben. Der Parkplatz für die Firma Eisenbeiß sollte genau da entstehen, wo einst römisches Gebiet war. Enns in Oberösterreich, das antike Lauriacum, ist allerdings ein verdächtiges Gebiet, wo man bei Grabungen mit Überraschungen rechnen muss. Darüber wacht naturgemäß das Bundesdenkmalamt und ruft sofort Alarm, sollte nur die geringste Spur der Vorfahren auftauchen. So auch dieses Mal, als im Jahr 2000 die Baumaschinen anrückten. Eine Notgrabung der Experten ergab einen reichen Fund, allerdings „zerlegt“in unzählige Einzelteile. Fünf große Blöcke und mehr als 60 Holzkisten ergab die Fragmentsammlung bemalter Decken und Wände, auf welche sich die Archäologen und Restauratoren stürzen konnten. Das Puzzlespiel ging los, sobald die Teile gereinigt und konserviert waren. Und heraus kam immerhin so viel, dass man sich nun sehr gut vorstellen kann, in welch schönem Haus damals der Besitzer – wohl ein hoher Militär – sein Dasein genießen konnte. Die Qualität der Wandmalerei überraschte auch die Experten, zumal die Trümmer fast 2000 Jahre unter der Erde gelegen hatten.
Die Bezeichnung „Haus der Medusa“stammt vom Ausgräber Hannsjörg Ubl, nachdem zwei Darstellungen einer Gorgo auf den Wandmalereien entdeckt worden waren. Der Kopf des unheilbringenden Monsters, das laut der griechisch-römischen Mythologie von Perseus besiegt und getötet wurde, wurde gerne dargestellt, galt Medusa doch in der Antike als eine Art Versicherung gegen alles Böse. Dass es keine grandiose Villa war, die der unbekannte Hausherr bewohnte, lag wohl daran, dass Lauriacum trotz seiner militärischen Bedeutung im römischen Kaiserreich und der Lage am Limes eher tiefe Provinz war. Zur Blütezeit sollen rund 12.000 Menschen hier gewohnt haben, davon 6000 Mann Militär. Die Qualität der Wandarbeiten deutet auf gute Verbindungen zu Rom hin. Was die akademischen Puzzlespieler auch feststellten: Es gab mehrere Phasen, die einen Geschmackswandel spiegeln. Die repräsentativen Räume des Hauses wurden im Laufe von zwei Jahrhunderten gleich vier Mal neu gestaltet. Die Ausstellung verweist auf drei Phasen der Decken- und Wandbemalung. Da finden sich geometrische Rapporte, die Bildfelder zeigen dekorative und figürliche Motive, darunter neben einem gut erkennbaren Triton mehrfach die Medusa.
Für die Ausstellung der römischen Wandmalereien hat das Kunsthistorische Museum im Halbstock Platz geschaffen. Die Ausgrabungen werden hier dokumentiert, es gibt einen Film, der die Mühsal gut zeigt, und es gibt nicht nur die „originalen“Wand- und Deckenfragmente, sondern auch anschaulichen Ergänzungen in Form von zwei Marmormalereien, allerdings aus Rom. Von diesen Marmortafeln existieren weltweit nur zwölf Exemplare aus Herculaneum und Pompeji. Auf Schautafeln wurden die Dekorationsphasen dargestellt, auch das Deckenmuster wurde rekonstruiert und hängt über den Vitrinen.
Was die Bergung und Restaurierung der antiken Fundstücke auch nicht leichter machte, war, dass es sich bei der bemalten Decke um eine gewölbte Fläche handelte. Hier behalf man sich mit einem Mörtelbett.
Die enge Zusammenarbeit von Bundesdenkmalamt und Kunsthistorischem Museum brachte jedenfalls reiche Früchte. Es gibt Kuratorenführungen, einmal mit Markus Santner vom Bundesdenkmalamt (7. 12., 18.30 Uhr) und einmal mit Georg Plattner, dem Direktor der Antikensammlung (22. 12., 10.15 Uhr). Die FH Oberösterreich, Campus Hagenberg, hat gar ein interaktives 3D-Modell des „Hauses der Medusa“erarbeitet, wo in einem 3D-Puzzle die Fragmente zusammengesetzt werden (18., 19. Jänner bzw. 22., 23. Februar). Und es gibt ein reich bebildertes Begleitbuch. Ausstellung: