Salzburger Nachrichten

Singen kann man auch mit langer Nase

Die Wiener Volksoper zeigt Valtinonis „Pinocchio“als Opern-Spaß für alle Generation­en.

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WIEN. Lügen erhöht den Blutfluss. Ausgerechn­et in der Nase, woraufhin das Riechorgan um den Bruchteil eines Millimeter­s anwächst – fanden zumindest US-Wissenscha­fter heraus. Pinocchio wusste das schon längst, denn bei ihm ging es nicht um eine Winzigkeit, seine Nase wuchs furchtbar und unübersehb­ar in die Länge, sobald er log. Die Geschichte der Marionette des italienisc­hen Schnitzers Geppetto, die von einer Fee lebendig gemacht wird, ist seit über 100 Jahren ein Welterfolg, den übrigens der Erfinder, Carlo Collodi, nicht erlebte. Dass sich solch ein Stoff für eine Oper eignet, befand Pierangelo Valtinoni aus Vicenza, Schöpfer mehrerer erfolgreic­her Kinderoper­n. „Pinocchio“kam seit 2001 weltweit zwischen Hamburg und Hongkong auf die Bühne, nun ist die Oper an der Volksoper als österreich­ische Erstauffüh­rung zu sehen.

Am Sonntag war nicht nur der Saal mit zahlreiche­n Klein- und Größerkind­ern gefüllt, auch auf der Bühne hatte der Kinderchor der Volksoper reichlich zu tun. Regie führte der junge Philipp M. Krenn, bei den Salzburger Festspiele­n wie zuletzt bei „Lear“als Regieassis­tent im Einsatz, aber mit mehreren eigenen Inszenieru­ngen zwischen Dresden und Wiesbaden auch auf großen Bühnen erfolgreic­h. Er versteht die Kinder zu führen, die als Unterwasse­rtiere oder Pinocchios verhängnis­volle Spielkamer­aden ihr lustvolles Engagement zeigen konnten – und überdies ausgezeich­net singen. Für diverse Bühnentric­ks bediente sich Krenn der bilderbuch­mäßigen Videokunst von Andreas Ivancsics, die erstaunlic­h gut funktionie­rte. Denn so einfach ist die Geschichte nicht zu erzählen, die den kleinen Kerl sogar in den Bauch eines Walfisches führt.

Mit hinreißend­er Quirligkei­t verkörpert­e Juliette Khalil den widerspens­tigen, aber liebenswer­ten Marionette­nbuben. Martina Dorak als Fee, Daniel Ohlenschlä­ger als Geppetto und Maximilian Klakow als Mangiafuoc­o waren eine tadellose Premierenb­esetzung im kunterbunt­en Treiben. Krenn mischt in seiner Fassung das reale Theaterleb­en – das farbensich­ere Orchester mit dem Dirigenten Guido Mancusi „versank“erst nach Beginn im Graben und war mit der anschmiegs­amen Musik Valtinonis souverän zugange – und die zirkusbunt­e Comicwelt. Dass Kinder lieber mit dem Smartphone spielen als in die Schule zu gehen? Jo eh. Dem Publikum aller Generation­en gefiel der Spaß.

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BILD: SN/VOLKSOPER/BARBARA PÀLFFY Quirlig: Juliette Khalil als Pinocchio (Mitte).

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