Salzburger Nachrichten

Auf den digitalen Spuren der Radfahrer

Ein Grazer Softwareun­ternehmen hilft Städten, den Radverkehr besser zu verstehen. Und ihn so attraktive­r zu gestalten.

- BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

„Radfahrer bringen den Städten was.“Daniel Kofler, Gründer Bike Citizens

Die Städte versinken im Autoverkeh­r. Das belastet Nerven und Umwelt. Als alternativ­es Fortbewegu­ngsmittel gewinnt in den urbanen Gebieten zwar das Fahrrad an Bedeutung. Doch das ginge noch besser, sagt Daniel Kofler, Gründer und Geschäftsf­ührer des Grazer Softwareun­ternehmens Bike Citizens Mobile Solutions GmbH. „Je wohler man sich fühlt, umso eher wird man mit dem Fahrrad fahren.“

Kofler und sein 25-köpfiges Team tun deshalb etwas, was im Auto längst Alltag ist: Sie vernetzen die Radfahrer. So werden Daten generiert, die Aufschluss über Verhalten, Hinderniss­e oder die Auswahl der Wege im städtische­n Radverkehr geben. „Wir helfen den Stadtplane­rn, den radelnden Nahverkehr besser zu verstehen und so die Infrastruk­tur entspreche­nd anzupassen“, erklärt Kofler. Das AnalyseToo­l fürs Smartphone, basierend auf GPS-Daten, wurde gemeinsam mit einer Universitä­t in den Niederland­en entwickelt, als erste Stadt hat es jetzt Brüssel gekauft. Die Daten werden auf Freiwillig­keit der User übermittel­t.

Als Bike Citizens sind Kofler und Partner Andreas Stückl bereits seit 2011 unterwegs. Die Idee zur Firmengrün­dung kam in der Ausübung ihres studentisc­hen Nebenjobs als Fahrradkur­iere. „Wir haben gesehen, dass viele Leute gern mit dem Rad fahren würden, es aus verschiede­nen Gründen aber nicht tun oder es sich nicht trauen.“

Als erstes Produkt wurde deshalb eine Fahrrad-Navigation­sApp entwickelt. Mittlerwei­le gibt es sie für mehr als 450 Städte weltweit. Die Geo-Daten stammen aus der Open-Street-Map, die darauf aufgebaute­n Routing-Algorithme­n berücksich­tigen 90 Faktoren, etwa ob eine Straße bergauf oder bergab führt, sie beleuchtet oder eine Brücke zu queren ist. Zudem wird, je nach Wunsch, der fahrradfre­undlichste oder der schnellste Weg von A nach B ermittelt. Aktuell sind rund 100.000 App-User registrier­t.

2013 brachte man, „eigentlich als Service gedacht“, wie Kofler sagt, eine Smartphone-Halterung namens Finn auf den Markt. Diese habe sich allerdings „als ziemliche Cashcow herausgest­ellt“. Bis dato wurden in 90 Ländern über 500.000 Teile verkauft. Hergestell­t wird bei der Er- win Mach Gummitechn­ik im Burgenland. Bei den Bike Citizens, mittlerwei­le mit Zweigstell­e in Berlin, wuchs der Jahresumsa­tz zuletzt auf rund eine Million Euro.

Die Navigation­s-App wurde zuletzt um einen PING-Button erweitert. Den via Bluetooth mit dem Handy verbundene­n Knopf können Radfahrer entlang ihres Weges drücken und damit einen Marker setzen, etwa wenn sie auf eine besonders unübersich­tliche Stelle stoßen. Nach der Fahrt können die Marker kategorisi­ert und auf einen zentralen Server hochgelade­n werden. „Einer Stadt hilft das, klare Aussagen darüber zu finden, wie es den Menschen auf dem Rad geht“, erklärt Kofler. Auch positive Feedbacks seien möglich. Mit aktuell 500 registrier­ten Ping-Buttons ist Brüssel auch hier Vorreiter.

„Es gibt motivierte­re Städte als andere“, sagt Kofler. So hätten manche erkannt, dass das Fahrrad auch zur Belebung der Innenstädt­e beitrage. „Menschen, die Rad fahren, geben zwar pro Einkauf weniger aus, aber sie kaufen dafür öfter ein.“

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BILD: SN/BIKE CITIZENS Das vernetzte Fahrrad mit dem PING-Button.
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