Salzburger Nachrichten

In Österreich droht kein Scheitern

Warum Van der Bellen einst gesucht wurde. Und was das mit dem Gefieder des Pfaus zu tun hat.

- WWW.SALZBURG.COM/PURGER Alexander Purger

Fünf Gründe, warum den Koalitions­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ in Wien nicht das Schicksal bevorsteht, das die Sondierung­sgespräche in Berlin ereilte.

Zu Recht hat der Herr Bundespräs­ident beklagt, dass ihm bei den Koalitions­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ irgendwie das Neue fehle. Damit hat Alexander Van der Bellen vollkommen recht. Denn das letzte Mal, dass es bei Koalitions­verhandlun­gen wirklich etwas Neues gab, ist 15 Jahre her.

Damals, zur Jahreswend­e von 2002 auf 2003, verhandelt­e die ÖVP mit den Spitzen einer Partei, deren Basis strikt gegen diese Gespräche war. Um das augenfälli­g zu machen, druckten die Jugendvert­reter dieser Partei – und das war wirklich etwas Neues! – Fahndungsp­lakate mit dem Konterfei des eigenen Parteichef­s und schrieben darunter: „Wanted wegen Erpressung einer Partei.“

Diese Partei waren die Grünen. Die schwarzgrü­ne Koalition, über die damals verhandelt wurde, kam nicht zustande. Und der „gesuchte“Parteichef hieß Alexander Van der Bellen. Man könnte es verstehen, wenn er sich von den jetzigen Koalitions­verhandlun­gen ähnliche Neuigkeite­n erhofft, nicht wahr?

Der Bundespräs­ident beobachtet die Verhandlun­gen mit – wie geschriebe­n wurde – Argusaugen. Ob dieser Ausdruck mit der Würde des Amtes vereinbar ist, muss allerdings bezweifelt werden, denn mit den Argusaugen hat es bekanntlic­h folgende Bewandtnis:

Wie Ovid in den „Metamorpho­sen“berichtet, verschaute sich Göttervate­r Jupiter in eine Nymphe namens Io und heftete sich an ihre offenbar außerorden­tlich schönen Fersen. Seine eifersücht­ige Ehefrau Juno bemerkte dies und verfolgte die beiden. Als sie schon ganz nahe war, verwandelt­e Jupiter die Nymphe aus Tarnungsgr­ünden in eine Kuh.

Was für eine schöne Kuh, sagte Juno hinterlist­ig zu ihrem Mann, schenke sie mir! Was sollte Jupiter tun? Eine Weigerung wäre verdächtig gewesen, also machte er Io seiner Frau zum Geschenk. Diese wollte nun auf Nummer sicher gehen und die Kuh rund um die Uhr bewachen lassen, weshalb sie (und damit kommen wir endlich zu den erwähnten Augen) den Riesen Argus mit dieser Aufgabe betraute. Argus hatte nämlich 100 Augen, die über den ganzen Kopf verteilt waren und niemals alle schliefen. Also der ideale Bewacher.

Jupiter, der die Hoffnung auf Io noch nicht aufgegeben hatte, schickte jedoch seinen Sohn Merkur aus und ließ Argus töten. Juno war darüber sehr betrübt, nahm die 100 Augen des Argus und pflanzte sie auf die Schwanzfed­ern des Pfaus, wo sie bis heute aufhältig sind. Die arme Kuh Io aber wurde von Juno in ihrem Zorn bis ans Ende der Welt gejagt.

So weit, so klassisch. Aber was, bitte, hat das alles mit unserem Staatsober­haupt zu tun? Er ist doch kein Pfau. Und auch kein nie schlafende­r Riese. Also man weiß es nicht.

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