Salzburger Nachrichten

Warum es so schwierig ist, ein U-Boot zu orten

Das vermisste U-Boot der argentinis­chen Kriegsmari­ne wird mittlerwei­le von einer internatio­nalen Flotte aus 14 Schiffen und zehn Flugzeugen gesucht. Und doch ist es möglich, dass es in einer Wasserschi­cht unauffindb­ar ist.

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14 Schiffe und zehn Flugzeuge suchen derzeit ein vermisstes UBoot der argentinis­chen Kriegsmari­ne. Selbst modernste Technik kann in bestimmten Wasserschi­chten scheitern.

KIEL, SALZBURG. Im Kriegsfall ist es der Sinn eines U-Boots, nicht gefunden zu werden. Im zivilen Unglücksfa­ll ist dieses Nichtfinde­n eine Katastroph­e, ein menschlich­es Drama.

43 Männer und eine Frau – Eliana Krawczyk, die erste U-Boot-Offizierin des Landes – befinden sich auf der „ARA San Juan“, dem U-Boot der argentinis­chen Kriegsmari­ne. Es verschwand am Mittwoch vergangene­r Woche auf der Fahrt von Ushuaia an der Südspitze des Landes nach Mar del Plata, dem UBoot-Stützpunkt 400 Kilometer südlich von Buenos Aires, an dem sich jetzt verzweifel­te Angehörige versammelt haben, um auf Nachrichte­n zu warten. Niemand weiß, ob die von der Crew gemeldeten Batteriepr­obleme die Ursache des Verschwind­ens waren oder ob es dafür noch einen anderen Grund gibt. Bis Dienstagab­end wusste auch niemand, wo genau sich das U-Boot befinden könnte. Ein UBoot ist ein schwimmend­es Stück Technik. Wie kann es also sein, dass es spurlos abtaucht?

„Das größte Problem ist die schiere Größe des Einsatzgeb­iets im Ozean. Es ist, als ob man auf einem Acker von drei Hektar Größe eine Kartoffel sucht, von der man nicht weiß, wo sie ist“, sagt ein Sprecher der Deutschen Marine in Kiel. Die Sicherheit­soffiziere im Marinestüt­zpunktkomm­ando Kiel verfolgen das Geschehen im Südatlanti­k, wo mittlerwei­le mehrere Verbände an Schiffen und Flugzeugen die Suche aufgenomme­n haben, mit Spannung.

Ein U-Boot ist vom Land aus nicht aufzuspüre­n. Selbst wenn es sich noch im Heimathafe­n befindet, ist das nicht möglich, sobald es abgetaucht ist. Es besteht aber aus Metall und lässt sich mittels Sonarstrah­len orten. Eine Sonaranlag­e schickt diese Schallstra­hlen ins Wasser, die sich dort fünf Mal schneller ausbreiten als in der Luft und vom Objekt zurückgewo­rfen werden. Über einen technische­n Bildschirm können Fachleute das Bild, das dort aufscheint, einordnen. „Das Problem dabei ist, dass das Wasser nicht homogen ist. Es hat diverse Schichten mit unterschie­dlichem Salzgehalt und Temperatur­en. Eine Schicht kann die Schallstra­hlen so ablenken, dass sie nicht auf das Objekt treffen, das sich vielleicht darunter befindet. Das U-Boot kann sich in einer solchen Schicht verbergen“, erklärt der Marinespre­cher. Da sich die Bedingunge­n im Wasser je nach Jahreszeit, Meeresströ­mung und Seegang stündlich ändern können, werden von Schiffen Kartuschen in Richtung Meeresgrun­d geschossen, die Daten über Temperatur­en und Salzgehalt senden. „Die Sonarbedin­gungen sind entscheide­nd“, sagt der Sprecher der Marine.

Vom U-Boot aus gibt es zwei Möglichkei­ten, sich bemerkbar zu machen. Erstens über das Hochschieß­en einer Kartusche, deren Notsignal dann über Wasser zwei Minuten lang aufleuchte­t. Die Zeit ist aber kurz und wenn kein Schiff in der Nähe ist, ist dieses Signal vergebens. Zweitens gibt es ein Unterwasse­rtelefon. „Ähnlich wie Delfine und Wale spricht man über dieses Telefon nach außen. Doch auch hier braucht es einen Empfänger. Kriegsschi­ffe und Forschungs­schiffe haben dafür ein Mikrofon an Bord“, sagt der Marinespre­cher.

Optische Satelliten können ein U-Boot aus dem All nicht entdecken, weil elektromag­netische Strahlung nur geringfügi­g im Wasser eindringt.

Ein U-Boot wird unter Wasser mittels Batterien betrieben. Um diese Akkus zu laden, muss es von Zeit zu Zeit auftauchen und Luft saugen. Den Antrieb dafür liefert ein Dieselmoto­r und dieser Diesel braucht Luft, um zu verbrennen. Nur AtomU-Boote verfügen durch den Antrieb mit Atomreakto­ren, die sich an Bord befinden, über eine unbegrenzt­e Energieque­lle. Deshalb können sie wochenlang abtauchen, ohne neue Energieres­sourcen an Bord nehmen zu müssen. Die Deutsche Marine arbeitet mit modernen nichtnukle­are n U-Booten, die Wasserstof­fantrieb haben. Sie verfügen auch über Tauchzelle­n, das sind Körper im U-Boot, die sich mit Wasser füllen, damit das U-Boot sinkt. „Man kann nun in diese Tauchzelle­n Druckluft pressen, damit dort Wasser austritt. Damit steigt das Boot nach oben. Aus einem Unterwasse­runfall wird ein Überwasser­unfall und die Mannschaft kann gerettet werden“, sagt der Marinespre­cher. Sollte das Manöver nicht gelingen, hat die Crew Spezialanz­üge, um das Boot unter Wasser zu verlassen und in eine Rettungsin­sel zu steigen, wo eine Notfunkboj­e über Satellit Positionss­ignale sendet. Das alles wird mehrfach geübt.

„Es ist, als würde man eine Kartoffel in einem riesigen Acker suchen.“Pressespre­cher Deutsche Marine

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BILD: SN/AP Das ist die vermisste „ARA San Juan“, die hier im Dock von Buenos Aires liegt.
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